Kußland. (Sept. 12. 13.) 465
Im Laufe des Sept. erzielt die Offensive der Sowjettruppen (s. S. 459)
verschiedene Erfolge. Am 10. wird Kasan und Uralsk, am 12. Sim-
birsk (Wolgafront) besetzt. Auch an der Donfront rücken die Sowjettruppen
vor. Im Nordkaukasus dauern die Kämpfe fort.
Das anf. Sept. in den Händen der Sowjetrepublik befindliche Gebiet wird
begrenzt im Westen durch das von den deutschen Truppen besetzte Gebiet und
eine Linie Narwa-. Pleskau (Pskow), Orscha, Mohilew. Von dort verläuft die
Grenzlinie in östlicher Richtung zur Wolga und von dieser aus der Gegend
von Zarizin bis zum Kaukasus. Die Ostgrenze des Gebiets verläuft von
Petrowsk, wo die große von Rostow am Don über Wladikawkas nach Baku
führende Bahn ans Kaspische Meer herantritt, an der kaspischen Küste ent-
lang bis zur Mündung des Uralflusses, von dort über Kasan und Perm.
Die Nordgrenze geht vom Ural östlich Perm in gerader Linie nach Petersburg.
12. Sept. (Estland, Livland.) Festsetzung der Grenzen.
In Wilna tritt eine deutsch.-russ. Demarkationskommission zu-
sammen, um auf Grund der Zusatzverträge v. 27. Aug. (s. S. 461) die Grenzen
Estlands und Livlands und die Termine und Ordnung der Räumung der zeit-
weise von deutschen Truppen okkupierten Gebiete, die auf Grund des Vertrages
geräumt werden müssen, zu bestimmen. Die Kommission beendet am 15. Sept.
ihre Arbeiten. Ueber die Räumung des Gebiets östlich von der Beresina kommen,
wie die „Baltisch-Litauischen Mitteilungen“" erfahren, Vereinbarungen zustande,
nach denen das Land östl. der Beresina, südl. von Polozk bis nördl. von
Homel in fünf Abschnitten, entsprechend den nach Artikel 3 § 1 des deutsch-russ.
Finanzabkommens v. 27. Aug. 1918 in fünf Teilbeträgen zu überweisenden
Barzahlungen, geräumt wird. Die Räumung beginnt im Norden mit dem
Kreise Ljepjel und gibt in den ersten vier Abschnitten nach Süden fort-
schreitend die Bahn Orscha—Mohilew—Regatschew und das Gebiet bis zum
Flusse Drut frei. Mit dem fünften Abschnitt wird das Land westl. des
Drut bis zur Beresina geräumt. Die Räumungen beginnen am 20. Sept. 1918
und sollen am 28. Febr. 1919 beendet sein. Die Schwierigkeiten, das in dem
Räumungsgebiet befindliche deutsche Eigentum zurückzuführen, haben zur
Gewährung von Räumungsfristen geführt, die nach der Tiefe des Abschnittes
und der Menge des zurückzuführenden Gutes verschieden bemessen sind.
Die Beresina bleibt auch nach der Räumung ganz im deutschen Besitz. An
ihr östl. Ufer schließt sich die neutrale Zone an. Den Truppen wird die
Benutzung des Flusses für Schiffahrt, Flößerei usw. gestattet.
13. Sept. (Dongebiet.) Schluß der Nationalversammlung,
Neuwahl des Atamans, Verfassung.
Die Nationalversammlung (s. S. 461), die am 13. Sept. geschlossen
wird, billigt in einer Entschließung die äußere Politik des Ataman Krasnow
gegenüber den Mittelmächten, die auf der Befriedigung der beiderseitigen
Interessen beruhe, ohne das Dongebiet in den Kampf für oder gegen Deutsch-
land hineinzuziehen; sie begrüßt die Anbahnung guter Beziehungen zu der
Ukraine und fordert die weitere Entwicklung derselben; sie drückt die Sym-
pathien für die Freiwilligenarmee aus, mit der das Dongebiet gemeinsam
die Bolschewiki bekämpft und fordert die engsten Beziehungen zum Kuban-
gebiet und die Bildung eines aus dem Don-, Kuban= und Terekgebiet und
anderen Teilen Südost-Rußlands bestehenden einheitlichen Staatskörpers.
Ferner wählt die Versammlung Krasnow mit 234 Stimmen wiederum
zum Ataman des Dongebiets. Auf den Gegenkandidaten Bogajewski ent-
fallen 70 Stimmen, 33 Stimmenthaltungen. Auch wird die Ausarbeitung
einer Verfassung (s. S. 472) beschlossen.
Europäischer Geschichtskalender. LIX.. 30