Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

486 Ubraine. (Jan. 31.— März 4.) 
rum. Front haben sich zufolge eigener Entschließung freiwillig aufgelöst. 
In den nächsten Tagen wird ein Kongreß der Sowjets der gesamten Ukraine 
zusammentreten. Ihre Teilnahme an den Arbeiten des Kongresses haben 
alle Städte und Gouvernements der Ukraine ohne Ausnahme zugesagt. Alle 
Gemeinde= und Staatseinrichtungen sind von den Sopijettruppen über- 
nommen worden. Als oberste örtliche Macht wurde der Sowjet der Arbeiter, 
Soldaten, Bauern und Kosaken proklamiert. Simferopol ist von Abteilungen 
der Sowjettruppen genommen worden. Auf der ganzen Halbinsel Krim 
befindet sich alles in den Händen der Sowjets der Arbeiter und Soldaten. 
, Die Kämpfe um Kiew dauern längere Zeit an. Erst am 17. Febr. meldet 
die „Petersb. Tel.-Ag.“, daß Kiew endgültig von den revolutionären Streit- 
kräften genommen worden ist. — Am 12. meldet das „K. K. Tel.-Korr.-Bur.", 
daß die Kiewer Rada ihren Sitz nach Schitomir (nahe der österr. Grenze) 
verlegt hat. Das ukr. Kabinett wird unter Prof. Holubowitsch neu gebildet. 
31. Jan. Annahme des Agrargesetzes. 
Die Zentralrada nimmt das von einer Kommission ausgearbeitete 
Agrargesetz an, das die Uebergabe des gesamten Landes an das werk- 
tätige Volk ohne Entschädigung der Vorbesitzer verfügt. Das Eigentums- 
recht ist damit aufgehoben. Ausnahmen gelten nur in sehr beschränktem 
Umfang für Besitzer von Gärten, Weinbergen und Hopfenanlagen, soweit 
sie ihre Grundstücke mit eigenen Händen bearbeiten können. Die Verfügung 
stößt auf großen Widerstand und erweist sich als praktisch undurchführbar. 
In der Folge führt sie den Sturz der Rada herbei (s. S. 490). 
9. Febr. Unterzeichnung des Friedens mit dem Vierbund in 
Brest-Litowsk. 
Näheres s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums. 
16. Febr. Hilferuf der Ukraine an Deutschland. 
Das „WITB.“ meldet, daß die ukrainische Delegation in Brest- 
Litowsk der deutschen Reichsregierung eine Erklärung an das deutsche 
Volk übermittelt hat, worin sie über die „barbarische Invasion“ der russ. 
Rotgardisten Klage führt und den Beistand des „fried- und ordnungsliebenden 
deutschen Volkes“ in dem harten Kampf der Ukraine um seine Existenz erbittet. 
1. März. (Kiew.) Die Stadt wird von deutschen und ukr. 
Truppen besetzt. 
Die ukr. Regierung und die Rada kehren daraufhin nach K. zurück. — 
Ueber den Vormarsch der deutschen und österr.-ung. Truppen in der Ukraine 
s. die Daten in der Kriegschronik vor dem Kalendarium. (S. auch S. 18.) 
3. März. Die Ukraine und Beßarabien. 
Der Präsident der Volksminister der Ukraine W. Holubowitsch richtet 
an die rum. Regierung eine Note, worin er davon Mitteilung macht, 
daß nach Auffassung der ukr. Regierung die Beratung und die Entscheidung 
der Zukunft Beßarabiens bei den Bukarester Friedensverhandlungen nur 
unter Beteiligung und mit Einverständnis der Vertreter der ukr. Volks- 
republik möglich ist, da Beßarabien angesichts seiner ethnographisch-ökonomischen 
und politischen Lage ein unteilbares Ganzes mit dem Grundterritorium der 
Ukr. Volksrepublik bilde. 
4. März. Unterzeichnung des Zusatzprotokolles zum Friedensver- 
trag mit den Mittelmächten über die poln.= ukr. Grenze in Brest-Litowsk. 
Näheres s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums.
	        
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