494 Kraine. (Aug. 3.—15.)
Trotz wiederholten Befragens bleibt er dabei, daß er in Kiew mit nie-
mandem zusammengekommen sei und mit niemandem gesprochen habe.
Am 10. meldet das „WTB.“ weiter: Die Untersuchung über die Ur-
sachen des Attentats gegen Feldmarschall Eichhorn geht ihrem Abschluß
entgegen. Der Mörder Donskoj ist bei seinen früheren Angaben geblieben,
wonach die Anstifter in den Reihen von der Entente gekaufter Soz.-Rev.
zu suchen sind. Einige Persönlichkeiten, die mit ihm gleichzeitig von Moskau
nach Kiew entsandt wurden und als Mittäter in Frage kommen, sind ver-
haftet worden. In Kiew scheint Donskoj mit anderen Personen, insbesondere
mit Parteigenossen nicht verkehrt zu haben. Wahrscheinlich ist er nur aus-
führendes Werkzeug gewesen und absichtlich von den Anstiftern bis zum
Augenblick der Tat mehr im Hintergrunde gehalten worden.
uDas deutsche Feldgericht verurteilt den Mörder zum Tod durch den
Strang. Nach Bestätigung durch den zuständigen Gerichtsherrn wird das
Urteil am 10. nachm. öffentlich vollstreckt.
3. Aug. Veränderungen im Ministerium.
Zum Nachfolger des Justizministers Tschubinski, der zum Vorsitzenden
des Hauptstrafgerichts des Senats bestimmt wird, wird dessen bisheriger Ge-
hilfe Romanow ernannt. Zum Präsidenten des Senats wird der Minister
für Volksaufklärung Wassilenko, der sein Amt behält, ernannt. An Stelle
von Sokolowski wird (am 8.) Gerbel zum Verpflegungsminister ernannt.
4. Aug. (Kiew.) Der Nachfolger des GF M.sv. Eichhorn General-
oberst Graf v. Kirchbach trifft ein.
15. Aug. Stand der russ.-ukr. Friedensverhandlungen.
Der Vorsitzende der russ. Friedensdelegation Rakowski macht den
Pressevertretern in Kiew folgende Mitteilung über den Stand der russ.-ukr.
Friedensverhandlungen (s. S. 492): Erreicht sei die Einigung in bezug auf
den Waffenstillstand, die Wiederherstellung von Eisenbahn-, Post= und Tele-
graphenverkehr, ein Warenaustausch im Werte von 17 Mill. Rubel, die Er-
richtung von Konsulaten. Weiter beständen aber tiefe Gegensätze: Die Ukraine
verlange für den Warenaustausch die Anwendung des russ. Tarifs von 1904,
Rußland fordere den Zollbund. Als Tag der Loslösung von Rußland sehe
die Ukraine in der Frage der Teilung von Staatsvermögen und Staats-
schulden den Tag des dritten Universals, den 7./20. Nov. 1917 (s. Gesch Kal. 1917
Tl. 2 S. 765) an, Rußland dagegen den Tag der Ratifikation des Brester
Friedens, den 16. März 1918 (s. S. 421). Außerdem verlange die Ukraine
einen Anteil am russ. Staatsvermögen auch außerhalb der ukr. Grenzen.
Rußland schlage ethnographische Grenzen und Volksabstimmung in strittigen
Fällen vor. Die Ukraine wolle nur ethnographischen Bestand an ländlicher
Bevölkerung in Betracht ziehen. (Einen ausführlicheren Bericht s. in der
„Nordd. Allg. Ztg.“ 1918 Nr. 422.)
Am 16. überreicht die ukrainische Friedensdelegation in der Sitzung
der politischen Kommission eine schriftliche Erklärung zur Frage des Grenz-
bestimmungsrechtes, die besagt: Da das Dongebiet auf Grund des
Selbstbestimmungsrechts seine Selbständigkeit proklamiert habe und diese
von der Ukraine anerkannt sei, könne die ukr. Friedensdelegation mit Rußland
nur über die Festsetzung der Grenze vom Wygonowski-See bis Nowochopersk
verhandeln und fordere es auf, unverzüglich an die unaufschiebbare, end-
gültige Festlegung der Grenze zu gehen. (Ueber den ukr. Standpunkt s. ferner
die Mitteilungen des ukr. Delegierten Scheluchin in der „Nordd. Allg.Ztg.“ 1918
Nr. 426.) Der Vorsitzende der russ. Delegation Rakowski erklärt, daß eine