Contents: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

106 8 2. Die Terminologie und die Streitfrage. [10 
Rechtssätze in der Form der Verordnung, d. h. 
in jener Form staatlicher Willensbildung, die ohne Mitwirkung 
der Volksvertretung vor sich geht. 
Von diesen vier Eintheilungsgliedern sind zwei: „formelle 
Gesetze mit dem Inhalt von Rechtssätzen“ und „materielle Ge- 
setze d. h. Rechtssätze in der Form von Gesetzen“ vollkom- 
men identisch. Für ihre isolirte Betrachtung würde die Ter- 
minologie: „Gesetz im formellen und materiellen Sinne“ keiner- 
lei andern Werth haben, als die Unterscheidung von Form 
und Inhalt in verkünstelter Weise zu bezeichnen. Werth und 
Bedeutung hat daher die Terminologie nur für die übrigen 
beiden Glieder der Eintheilungen, welche die doppelte Aussage 
enthalten: 
„es giebt Erscheinungen, die die Form des Gesetzes auf- 
weisen, aber nicht einen Rechtssatz, sondern irgend ein Drit- 
tes zum Inhalte haben: formelle Gesetze ohne materielle 
Gesetzeseigenschaft d. h. ohne Rechtssatz“; 
„es giebt Erscheinungen, die zwar zum Inhalt ihrer An- 
ordnung einen Rechtssatz haben, aber die Form des Gesetzes 
nicht aufweisen: materielle Gesetze ohne Gesetzesform.“ 
Genau der nämliche Gedankengang, der für das Gesetz 
eingeschlagen ist, wird von Laband und seiner Schule auf die 
Verordnung angewandt. 
Verordnungen im formellen Sinne sind alle Wil- 
lensakte des Staates, welche „im Wege der Verordnung sich 
vollziehen“ d. h. ohne Mitwirkung der Volksvertretung. Durch 
die Reflexion auf den Inhalt derselben wird alsdann die Ein- 
theilung gebildet 
in formelle Verordnungen, welche Rechtssätze 
zum Inhalte haben, und 
in formelle Verordnungen, welche „Verwaltungs- 
vorschriften“ enthalten. 
Verordnungen im materiellen Sinne sind „Ver- 
waltungsvorschriften“, welche die Natur von Rechtssätzen 
nicht haben. Wird bei ihnen auf die Form reflektirt, in der 
sie Rechtsverbindlichkeit gewinnen, so ergeben sich
	        
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