Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

540 Rumãnien. (Mai 7.—15.) 
in Beßarabien die Grundlage zu sein hat. Die persönliche Freiheit, die 
Freiheit des gedruckten und gesprochenen Wortes, des Glaubens und der 
Versammlungen sind durch die Verfassung zu gewährleisten. Das rum. 
Parlament wird unverzüglich eine Konstituante einberufen, in welcher die 
beßarabische Bevölkerung entsprechend ihrer numerischen Stärke vertreten 
sein wird. Sie wird die Aufgabe haben, die Vereinigung beider Länder 
und die Bedingungen, unter denen sie erfolgte, festzulegen. 
Der in Kischinew anwesende rum. Ministerpräsident Marghiloman 
nimmt im Namen des rum. Volkes und des Königs von dieser Abstimmung 
Kenntnis und proklamiert die Vereinigung beider Länder. 
Diefer Beschluß ruft in der Ukraine große Entrüstung hervor und 
veranlaßt einen Protest der Zentralrada (s. S. 487 f.). 
Am 22. legen die beßarabischen Minister ihre Aemter nieder. Die 
Regierung in Kischinew wird aufgelöst. Der bish. Ministerpräsident der 
moldauischen Volksrepublik Ciucureanu und der bish. Präsident des Landes- 
rates Inculetz treten als Minister ohne Portefeuille in das rum. Ministerium 
ein. Die rum. Regierung ernennt allenthalben in Beßarabien Präfekten. An 
Stelle von Inculetz wird (am 19.) Stere zum Präsidenten des beßarab. 
Landesrats gewählt. St., der aus Beßarabien stammt, war jahrzehntelang 
einer der eifrigsten Vorkämpfer der Vereinigung Beßarabiens mit Rumänien. 
7. Mai. Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen den 
Mittelmächten und Rumänien im Schloß Cotroceni (b. Bukarest). 
Näheres s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums. 
Die rum. Regierung erläßt aus Anlaß des Friedensschlusses an 
die Bevölkerung im besetzten und unbesetzten Gebiet folgende Kundgebung: 
Der Friede wurde heute 12 Uhr mittags geschlossen und trägt den Namen 
„Friede von Bukarest“. Alle Fragen, die zwischen Rumänien und einem 
der Staaten, mit denen es sich im Kriege befand, streitig waren, sind er- 
ledigt. Die normalen Beziehungen mit diesen Staaten werden wieder auf- 
genommen und das Land tritt wieder in Neutralität ein. Hindernisse, die 
einer friedlichen inneren Entwicklung im Wege standen, sind endgültig 
beseitigt und Rumänien kann nun im Schutze seiner vom Kriege unan- 
getastet gebliebenen verfassungsmäßigen Einrichtungen ans Werk gehen, um 
die Spuren des Krieges zu beseitigen und den durch den Frieden geschaffenen 
Zustand zu befestigen. 
9. Mai. Durch kgl. Verordn. werden die beiden Kammernaufgelöst. 
Die Neuwahlen werden für die Zeit v. 1. bis 9. Juni ausgeschrieben. 
Das neue Parlament wird zum 17. Juni einberufen. 
14. Mai. Das „Amtsblatt“ in Jassy veröffentlicht ein Dekret, 
das die Demobilisierung der rum. Armee anordnet. 
Die Demobilisierung muß am 31. Mai beendet sein. 
15. Mai. Antwort an die Ukraine. 
Das ukr. Außenministerium in Kiew erhält eine Antwortnote der 
rum. Regirung auf den ukr. Protest betr. die Annexion Beßarabiens (s. o.). 
Darin wird ausgeführt: 1. Beßarabien ist nicht annektiert, sondern hat sich 
freiwillig mit dem Stammlande vereinigt. 2. Die rum. Regierung kennt 
keine Teile Beßarabiens, wo sich die Bevölkerung für ukr. hält und den 
Wunsch ausgesprochen hätte, zur Ukraine zu kommen. Wenn auch ein Teil 
der Bevölkerung sich für ukr. hält, so ist dies noch kein Beweis, daß sie es 
wirklich ist. 3. Als die Ukraine den Friedensvertrag in Brest-Litowsk unter- 
schrieb, machte sie keinerlei Rechte auf Beßarabien geltend. 4. Die rum.-
	        
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