546 Rumãnien. (Sept. 17.—24.)
zu erlassende Amnestie mit 53 gegen 25 Stimmen an. — Am 20. wird es
auch vom Senat genehmigt.
Ministerpräsident Marghiloman hatte seine Partei ersuchen müssen, die
Amnestievorlage ihrerseits als Initiativantrag im Parlament einzubringen,
indem er mitteilte, daß der König es der Regierung unmöglich gemacht
habe, sie selbst einzubringen, da er als Chef der Armee die Vorsanktion
nicht erteilen könne. Da die Amnestievorlage eine der Bedingungen des
Friedens von Bukarest ist, wird das Vorgehen des Königs von der Be-
völkerung als eine Demonstration gegen den Frieden empfunden.
Ueber die in der Oeffentlichkeit viel erörterte Ratifizierungsfrage
erklärt Ministerpräsident Marghiloman am gleichen Tage im Senat in
Erwiderung der Vorwürfe von liberaler Seite, daß die Regierung absicht-
lich die Ratifizierung des Friedens verzögere, folgendes: Der Aus-
tausch der Ratifizierungen hängt nicht von uns allein ab, sondern auch noch
von den anderen vier beteiligten Staaten und von den Beziehungen der
Balkanstaaten untereinander. Ich kann versichern, daß seitens Deutschlands
und Oesterreich--Ungarns keine Schwierigkeiten vorliegen. Man muß ferner
berücksichtigen, daß vor der Ratifizierung noch Bedingungen für die Ueber-
siedlung der Verwaltung des Landes aus einem Teile in den anderen fest-
gesetzt werden müssen. Alles das erfordert Zeit. Trotzdem habe ich Grund
zu glauben, daß der Austausch der Ratifizierungen bis zum 1. Nov., wenn.
nicht schon früher, erfolgt sein wird.
17. Sept. (Kammer.) Naturalisation der Kriegsteilnehmer.
Die Kammer nimmt ein Gesetz an, wodurch die rumän. Staatsbürger-
schaft allen denjenigen verliehen wird, die unter den Fahnen dienend Bürger-
rechte durch kgl. Dekret, vorbehaltlich der Genehmigung durch das Parlament,
erhielten. Anschließend daran veröffentlichen moldauische Zeitungen eine Be-
kanntmachung, der zufolge diejenigen Fremden, die unter den Fahnen dienend
die rumän. Bürgerrechte erwerben wollen, gehalten sind, den in dem am
16. Sept. kundgemachten Naturalisationsgesetz (s. S. 544) vorgeschriebenen
Weg einzuschlagen.
19. Sept. Finanzminister Seulescu tritt zurück.
Die Leitung des Finanzministeriums übernimmt vorläufig der Minister
des Aeußern Arion. Die Ursache für den Rücktritt S.s war, daß er in der
Frage der Verstaatlichung der Finanzinstitute, die bisher unter vorwiegend
liberalem Einflusse standen, nicht dieselben Ansichten hatte wie der Minister-
präsident und die parlamentarische Mehrheit, die eine entschiedene Zurück-
drängung dieses Einflusses verlangen.
24. Sept. Maßregelung des Kronprinzen.
In Jassy wird amtlich bekanntgegeben: Kronprinz Carol wurde vom.
König als Oberbefehlshaber der Armee wegen Vergehens gegen die mili-
tärischen Vorschriften mit 75 Tagen strengem Arrest bestraft. Mit diesem
Vergehen in Verbindung stehende Handlungen werden zunächst auf ihre
Gültigkeit geprüft, um die Folgen beurteilen zu können. Dann werden die
Maßnahmen ergriffen werden, wie es die Interessen des Landes und der
Dynastie erfordern. -
Der Kronprinz hatte Anf. Sept. ohne Erlaubnis seine Garnison Piatra
verlassen und sich in Odessa am 12. Sept. mit Fräulein Zizi Lambrino,
die einer angesehenen rumän. Bojarenfamilie entstammt, vermählt. Die
Trauung hatte ein rumän. Pope in der griechisch-orthodoxen Kirche voll-
zogen, ist also, da das ukr. Gesetz keine Ziviltrauung vorschreibt, rechts-
gültig. Vor der Abreise nach Odessa hatte der Kronprinz an den König