578 Vereinigte Staaten von Nerdameriks und Kanadn. (Juni 9.)
als Grundsatz, daß sich Amerika um die inneren Angelegenheiten Mexikos
nicht kümmere, da es kein Recht habe, sich in diese Angelegenheiten ein-
zumischen. Auch als die Ver. St. seinerzeit Truppen nach Mexiko geschickt
hätten, hätte sie dazu nichts angetrieben als der ehrliche Wunsch, dem mexik.
Volke beizustehen in seinen Bemühungen, sich eines Mannes zu entledigen,
der die Regelung der inneren Angelegenheiten damals unmöglich gemacht
habe. Amerika habe seine Truppen nach dieser Hilfe sofort wieder zurück-
gezogen und so bewiesen, daß seine dem Präsidenten Carranza gegebenen
Versicherungen aufrichtig gewesen seien. Dann kommt W. auf die Gegenwart
zu sprechen: In diesem Augenblicke tut es mir leid, zu hören, daß gewisse
Einflüsse, vermutlich solche deutschen Ursprungs, in Mexiko einen falschen
Eindruck bezüglich des Zieles der Ver. St. hervorzurufen suchen, ja noch
mehr eine ganz falsche Vorstellung von den gegenwärtigen Geschehmissen zu
geben trachten. Sie wissen, welche betrüblichen Ereignisse sich eben jetzt an
unserer Küste abspielen; Sie haben von den Schiffen gehört, die dort zum
Sinken gebracht werden. Nun erhielt ich gestern einen Ausschnitt aus einer-
in Guadalajara erscheinenden Zeitung, worin gesagt wird, bei Kap Chesa-
peake seien 13 von unseren Kriegsschiffen versenkt worden und das Marine-
departement der Ver. St. verheimliche die Versenkungen. Der Chefredakteur
des Blattes hat sicher diesen Bericht nicht in der Absicht veröffentlicht, einen
verkehrten Eindruck hervorzurufen, aber es ist klar, daß Behauptungen wie
diese von denjenigen herrühren, die Uneinigkeit zwischen Mexiko und den
Ver. St. stiften wollen. Daran schließt W. eine Auseinandersetzung über
das unselbstsüchtige, rein idealistische Ziel, das Amerika in diesem Kriege
verfolge. Es erstrebe keinen materiellen Vorteil, keinen Gebietszuwachs, keine
Handelszone oder dergleichen. In den europäischen Ministerien des Aeußern
habe man diese Versicherung wohl für aufrichtig gehalten, aber einzelne
dieser Minister seien der Meinung gewesen, baß diese Versicherung von
einem Akademiker herrühre, der klösterliche ideale Ziele verkünde, und daß
das amerik. Volk darüber anders denke. Das sei aber nicht der Fall. Das
amerik. Volk sei bereit, Rußland ebenso selbstlos zu helfen, wie es jetzt
Frankreich und England helfe. Und so sei es auch Mexiko gegenüber un-
eigennützig. Leider sei das in früheren Jahren, die aber weit zurücklägen,
manchmal anders gewesen. Da habe Amerika seinen südlichen Nachbar miß-
braucht und schäme sich noch heute darüber. Aber jetzt sei das endgültig
abgetan. Vor kurzem habe er, Wilson, sogar eine Art panamerik. Ueber-
einkommens vorgeschlagen, das die Monroelehre erweitern soll: Ich hatte
bemerkt, daß eine der Schwierigkeiten unserer früheren Beziehungen zum
lateinischen Amerika darin lag, daß die berühmte Monroelehre ohne die
Zustimmung Mexikos und der mittel- und südamerik. Staaten angenommen
worden war. Wir drückten uns gern so aus: „Wir werden euer großer
Bruder, ob ihr das wollt oder nicht.“ Das war gut, soweit es euch gegen
einen Angriff von Uebersee her schützte, aber es lag nichts darin, das euch
gegen uns schützte. Mittel- und Südamerika waren ungewiß, ob unsere
Schutzbereitschaft nicht nur in unserem Interesse, sondern auch in dem
unserer Nachbarn lag. Darum sagte ich: Laßt uns eine Regelung treffen,
bei der wir uns gegenseitig unsere politische Unabhängigkeit und die Un-
verletzlichkeit unseres Gebietsbesitzes verbürgen; laßt uns dahin übereinkommen,
daß, wenn einer von uns, die Ver St. eingeschlossen, die Unabhängigkeit
und die Integrität des andern verletzt, alle übrigen sich auf ihn werfen sollen.
Diese Art von Abkommen muß auch die Grundlage des zukünftigen Lebens
der Völker in der ganzen Welt werden. Die ganze Familie der Nationen.
wird jeder Nation dafür bürgen müssen, daß keine andere ihre politische
Unabhängigkeit oder territoriale Sicherheit verletzt. Das ist die einzig denk-