Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Pereinigte Stasten von Rerdamerika und Kauaba. (Aug. 4.) 583 
Das Staatssekretariat verbreitet durch die Presse solgende Mit- 
teilung über das amerik.-jap. Eingreifen in Rußland: Die Regierung der 
Ver. St. ist nach mehrfacher sorgfältiger Erwägung zu der Ueberzeugung 
gelangt, daß ein militärisches Eingreifen in Rußland die dort herrschende 
Verwirrung nur vermehren und dem Lande eher Nachteile als Hilfe bringen 
würde. Selbst wenn ein solches wiederholt empfohlenes Eingreifen un- 
mittelbar zu dem gewünschten Ziele, einem Angriff auf Deutschland von 
Osten her, führte, wäre dies in den Augen der amerik. Regierung weiter 
nichts als ein Mittel, sich Rußlands zu bedienen, nicht aber ihm und seinem 
Volke nützlich zu sein. Wenn Rußland schließlich auch Vorteile daraus zöge, 
so wäre das fürs erste nicht der Fall; es würde nicht von den gegenwärtigen 
Schwierigkeiten erlöst, seine Hilfsmittel würden für den Unterhalt fremder 
Heere gebraucht, anstatt für die Ernährung des eigenen Heeres und der 
Einwohnerschaft. Gegenwärtig sind alle Bemühungen der Ver. St. darauf 
gerichtet, den Sieg im Westen zu erringen, und da ist eine Verzettelung 
ihrer Streitkräfte nicht angebracht. Ein Einschreiten in Rußland muß sich 
daher unter den heutigen Umständen darauf beschränken, dem tschecho- 
slowakischen Heere gegen die bewaffneten deutschen und österr. Kriegs- 
gefangenen Beistand zu leisten, sowie die Russen selbst mit deren Zustimmung 
zu unterstützen, sei es von Wladiwostok oder Murman oder Archangelsk 
aus, um ihr Streben nach Selbstverteidigung und Selbstregierung zu fördern. 
Die einzige Verwendung amerik. Truppen gilt vorläufig der Bewachung 
der militärischen Vorräte, die später den russ. Streitkräften zugeführt werden 
sollen, und überhaupt derjenigen Hilfeleistung, die die Russen anzunehmen 
bereit sind. In diesem Bemühen wirkt die amerik. Regierung mit den Re- 
gierungen Großbritanniens und Frankreichs in dem Raume von Murman 
und Archangelsk zusammen. Die Ver. St. und Japan sind die einzigen 
Mächte, die imstande sind, in Sibirien kräftig genug aufzutreten, um die 
oben umrissenen bescheidenen Ziele zu erreichen. Die amerik. Regierung hat 
daher der jap. Regierung vorgeschlagen, beide sollten einige tausend Mann 
nach Wladiwostok entsenden, um dies gemeinschaftlich zu besetzen und den 
Tschecho-Slowaken soviel wie möglich den Rücken zu decken. Die jap. Re- 
gierung hat sich damit einverstanden erklärt. Der Regierung der Ver. St. 
liegt daran, dem russ. Volke öffentlich und feierlich zu versichern, daß sie 
nicht beabsichtige, sich in die politische Staatshoheit Rußlands einzumischen, 
daß von einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten, selbst in die- 
jenigen der notwendigerweise zu besetzenden Gebiete keine Rede sein könne, 
noch von einem Eingriff in die Gebietshoheit für jetzt oder später Sie will 
den Russen nur diejenige Hilfe angedeihen lassen, die ihnen selbst annehmbar 
erscheint, sie will ihnen helfen, über ihre Angelegenheiten, ihr Gebiet und 
ihr Schicksal Herr zu werden. Die jap. Regierung wird gleichlautende Ver- 
sicherungen erteilen, die übrigen Regierungen des Verbandes haben sich 
grundsätzlich mit diesem Vorgehen einverstanden erklärt. Die Ver. St. be- 
absichtigen, in keiner Weise die Betätigung der mit ihnen verbündeten Re- 
gierungen einzuschränken oder in deren Urteilsfreiheit einzugreifen. Es ist 
ihre Absicht, einen Ausschuß von Kaufherren, landwirtschaftlichen Sach- 
verständigen, Sozialpolitikern, Vertretern des Roten Kreuzes und des Ver- 
bandes christlicher junger Männer nach Sibirien zu senden, die alle als 
geschickte Organisatoren Aufklärung und Förderung bringen sollen, um durch 
ein geordnetes Vorgehen der dringenden Not des Volkes abzuhelfen. Dieses 
Vorgehen soll die militärische Unterstützung der Tschecho-Slowaken nicht 
beeinträchtigen, sondern erst nachher eintreten. Die Regierung der Ver. St. 
hofft, daß die mit Amerika verbündeten Regierungen mit dieser Handlungs- 
weise einverstanden sein werden.
	        
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