2 Vie österreitchisch-ungarische Monartchit nud die Uachfolgestaaltn. (Jan. 10. —21.«
klären, daß ein Friede, der ihm nicht Gerechtigkeit und Freiheit brächte,
für unser Volk kein Friede wäre, sondern bleß der Beginn eines neuen
energischen und systematischen Ringens um staatliche Selbfständigkeit, in
welchem unser Volk alle seine materiellen und moralischen NKräite bis zum
äußersten anspannen würde. In diesem rücksichtslosen Kampfe würde es
bis zum glücklichen Gelingen nicht ruhen. Unser Volk meldet sich um diese
seine Selbständigkeit. Es stützt sich auf sein historisches Staatsrecht und ist
ganz durchdrungen von dem sehnlichnen Wunsche, in freiem Wettbewerb mit
anderen freien Völkern und in seinem souveränen, vollberechtigten, demo-
kratischen, sozial gerechten und auf der Gleichheit aller seiner Bürger und
in den historischen Grenzen der Länder der böhm. Krone sowie jener des
slowak. Zweiges errichteten Staate beitragen zu können zur neuen großen
Entwicklung der Menschheit, die auf der Freiheit und Brüderlichkeit beruben
würde. Es billigt in diesem Staate den nationalen Minoritäten volles und
gleiches nationales Recht zu. Von diesen Grundsätzen geleitet, protestieren
wir feierlich gegen die Zurückweisung des Selbstbestimmungsrechtes der
Völker bei den Friedensverhandlungen und fordern, daß im Sinne dieses
Rechtes allen Völkern, damit auch dem unseren, die Teilnahme und die
volle Freiheit, seine Rechte auf dem Friedenskongreß zu verfechten, gesichert
werde. — Im Gegensatz zu der staaterechtlichen Kundgebung v. 30. Mai
1917 (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S. 82 f.), die noch den Zusammenhang mit
dem habsburgischen Herrscherhause betonte, bedentet diese „Dreikönigsdekla-
ration“ die offene Absage an Oesterreich. Die Verbreitung ihres Wort-
lautes in der Presse wurde zunächst verboten. (S. dazu S. 5, 12.)
10. Jan. (Larenburg.) Kaiser Karl empfängt den poln.
Regentschaftsrat.
Dabei werden, in gleichem Sinne wie bei dem Empfang durch Kaiser
Wilhelm (s. Tl. 1 S. 5 f.), Ansprachen zwischen dem Fürsten Lubomirski
und dem Kaiser gewechselt.
13. Jan. Anerkennung der Selbständigkeit der Republik Finn-
land durch Osterreich-Ungarn.
14.—21. Jan. Arbeiterstreik.
Als am 14. die infolge der mangelhaften Lieferung seitens Ungarns
notwendig werdende Verkürzung der Mehlverbrauchemenge, die abermalige
Verdoppelung der Tabakpreise und die Stockungen in den Verhandlungen
von Brest-Litowsk bekannt werden, legen die Arbeiter eines Betriebs in
Wiener-Neustadt unter dem Einfluß der kriegsgegnerischen Agitation der
radikalen Soz. der Richtung Friedrich Adler, die auch in einem Aufruf
der Wiener „Arbeiterzeitung“, der für eine rasche Beendigung des Krieges
eintrat, zum Ausdruck kam, die Arbeit nieder. Am 16. greift der Ausstand
auf Wien über und verbreitet sich rasch über Niederösterreich und andere
Kronländer, besonders Steiermark, Böhmen und Mähren; gleichzeitig kommt
er auch in Ungarn, vor allem in Budapest, zum Ausbruch. In den beiden
Reichshauptstädten treten Arbeiterkommissionen mit den Regierungsbehörden
in Verhandlungen und legen Forderungen vor, die sich im wesentlichen in
drei Gruppen teilen, in außenpolitische, innerpolitische und in Forderungen
bezüglich der Ernährung. In der ersten Hinsicht verlangen die Arbeiter
Sicherungen dafür, daß ein Friede ohne Annexionen und Kriegsentschädi-
gungen abgeschlossen werde. Innerpolitisch fordern sie das gleiche Wahl-
recht in den Kommunalvertretungen und Landtagen. Die Verhandlungen
über die Ernährungsfrage drehen sich vornehmlich um die Herabsetzung der