Die ãsterreihisq-nugarische Menarqhit und die Rathfelgestaaten. (Sept. 14.) 57
Ringen ein Ende zu machen. Die k. u. k. Regierung möchte daher den
Regierungen aller kriegführenden Staaten vorschlagen, zu einer vertraulichen
und unverbindlichen Aussprache über die Grundprinzipien eines Friedens-
schlusses in einen Ort des neutralen Auslandes und zu einem nahen Zeit-
punkte, worüber man noch Vereinbarungen zu treffen hätte, Delegierte zu
entsenden, die beauftragt wären, die Auffassung ihrer Regierungen über
jene Prinzipien einander bekannt zu geben, analoge Mitteilungen entgegen-
zunehmen, sowie offene und freimütige Aufklärungen über alle jene Punkte,
die einer Präzisierung bedürfen, zu erbitten und zu erteilen.
Die k. u. k. Regierung beehrt sich, die Regierung v0o durch
die geneigte Vermittlung Eurer Exz. zu bitten, diese Mitteilung zur Kenntnis.
der Regierung von .. . .. . bringen zu wollen.
(Der franz. Text der Note ist in der „Wiener Ztg.“ v. 15. Sept. 1918
veröffentlicht.)
Die vom Minister des Aeußern Grafen Burian an den Apostolischen
Nuntius Monsignore Valfrö di Bonzo am 14. gerichtete Note lautet:
Nach vier Jahren unerhörten Ringens und ungeheuerer Opfer hat der
Kampf, der Europa verheert, noch keine Entscheidung zu bringen vermocht.
Die k. und k. Regierung, stets von dem Geiste der Versöhnlichkeit geleitet,
der schon in ihrer Note vom 12. Dez. 1916 zum Ausdrucke kam, hat be-
schlossen, an alle kriegführenden Staaten heranzutreten und sie einzuladen,
durch einen vertraulichen und unverbindlichen Gedankenanstausch einem
für alle Teile ehrenvollen Frieden die Wege zu ebnen. Hierbei gedenkt die
k. u. k. Regierung voll Dankbarkeit des ergreifenden Appells, den Seine-
Heiligkeit der Papst im verflossenen Jahr an alle Kriegführenden mit der
Mahnung richtete, eine Verständigung zu suchen und wieder in brüder-
licher Eintracht zu leben. In der sicheren Ueberzeugung, der Heilige Vater-
ersehne es auch heute, daß die leidende Menschheit bald wieder der Seg-
nungen des Friedens teilhaftig werde, hoffen wir zuversichtlich, daß Er
unseren Schritt mit Sympathie begleiten und mit Seinem auf der ganzen
Erde anerkannten moralischen Einfluß unterstützen werde. Von diesem
Gedanken geleitet, bitte ich Ew. Exz., den zuliegenden Text der Note Seiner-
Heiligkeit unterbreiten zu wollen.
Die deutsche Regierung war, wie aus den Mitteilungen des deutschen
„Weißbuches“ (s. S. 52) hervorgeht, mit dem Schritt des Grafen Burian
nicht einverstanden; sie hielt es vielmehr für zweckmäßiger, die Vermittlung
einer neutralen Macht zur Herbeiführung einer Aussprache über die Friedens-
frage in Anspruch zu nehmen. Noch am 14. Sept. sandte Kaiser Wilhelm
ein Telegramm an Kaiser Karl, worin er sein Bedauern ausdrückte,
daß dieser ungeachtet der deutschen Stellungnahme seinen Schritt zur Aus-
führung bringe. Das Bundesverhältnis bedinge, daß Deutschland und
Oesterreich-Ungarn in Fragen von so weitgehender Bedeutung nur in voller-
Uebereinstimmung vorgingen, andernfalls verliere das Bündnis seinen In-
halt und jede Bedeutung. Unter Hinweis auf die Gefahren des österr.=
ung. Schrittes und unter nochmaliger Anführung der Vorteile der neutralen
Vermittlung gab Kaiser Wilhelm der bestimmten Hoffnung Ausdruck, daß
Kaiser Karl in letzter Stunde sich des Ernstes der Lage bewußt werde und.
seine Regierung anweisen werde, auf die geplante Demarche zu verzichten.
Die Ablehnung einer neutralen Vermittlung in Wien ist nach einer Meldung.
des deutschen Botschafters Grafen Wedel v. 11. Sept. darauf zurückzu-
führen, daß man sich in Wien die Rolle des Friedensstifters nicht von
andern nehmen lassen wollte und Kaiser Karl sich von ihr eine Wieder-
herstellung des entschwundenen Vertrauens zur Krone versprach, was bei
der Furcht vor Revolution als höchstes Ziel angesehen wurde.