Mittel- und Sidamerika. (Sept. 23. — Nov. 24.) 627
23. Sept. (Costarica.) Der Rechtsgelehrte und Franzosenfreund
Tobias Montufar wird zum Minister des Außern ernannt. („Temps.“)
12. Nov. (Brasilien.) Das „Amtsblatt“ veröffentlicht ein
Dekret, wodurch die Liquidierung der deutschen Banken und ihrer
Filialen angeordnet wird.
16. Nov. (Mexiko.) Einführung der Goldwährung.
„Reuter“ meldet laut „Financial News“" v. 16. Nov. aus Mexiko:
Präsident Carranza hat eine Verordnung erlassen, die das mexikan.
Münzsystem auf eine Goldbasis stellt. Dieser Schritt ist durch die starke
Ausfuhr von Silbermünzen verursacht, deren Metallwert bei dem gestiegenen.
Silberpreis höher ist als der Münzwert. Nach der neuen Verordnung
werden Silbermünzen mit geringerem Silbergehalt als bisher geprägt werden.
19. Nov. (Brasilien.) Neubildung des Kabinetts.
Aus Rio de Janeiro wird gemeldet, daß der neue Vizepräsident der
Republik Brasilien, Moreira, der an Stelle des erkrankten neuen Präsidenten
Alves die Regierung übernommen hat, das neue Ministerium gebildet hat.
Der ehem. Vizepräsident der Republik, Santos, übernahm das Innere
pund de Justiz und der frühere Botschafter in Washington da Gama das
eußere.
21. Nov. (Chile.) Rücktritt des Kabinetts.
Das neue Kabinett setzt sich folgendermaßen zusammen: Quezada:
Ministerpräsident und Inneres, Luis Barros Borgono: Aeußeres, Luis
Oreggo Luco: Justiz, Luis Claro Solar: Finanzen, Inrique Bernudez:
Krieg, Vicente Adrian: Oeffentliche Arbeiten. Fast sämtliche Mitglieder
des neuen Kabinetts sind bekannte Politiker; eine Aenderung der äußeren
Politik des Landes ist nicht zu erwarten.
24. Nov. (Chile.) Konflikt mit Peru.
Der Konflikt ist durch die seit langem schwebende Frage des endgültigen
Besitzes der Salpetergebiete, die Chile durch den Vertrag von Ancon nach
dem Kriege mit Peru 1883 erwarb, veranlaßt. Tarapaca ging damals für
die Dauer an Chile über, Arica und Tacna für zehn Jahre, worauf ihr
Schicksal durch Abstimmung der Einwohner entschieden werden sollte. Diese
hat nie stattgefunden. Als sie zuerst fällig war, befand sich Peru in Re-
volution und später erhoben sich Meinungsverschiedenheiten darüber, ob
nur Peruaner oder auch eingewanderte Chilenen das Stimmrecht haben
sollten. Die Anerkennung des nationalen Selbstbestimmungsrechts in Europa
hat nunmehr die peruanische Presse veranlaßt, nicht nur die längst über-
fällige Volksabstimmung, sondern auch die Wiederherausgabe von Tarapaca
zu verlangen, teilweise auch als Belohnung für die Unterstützung der Ver-
bandssache. Infolgedessen kommt es (am 24. Nov.) in Jquique (Chile) zu
ernsten Ausschreitungen gegen die dort ansässigen Peruaner. Die Aus-
weisung des peruanischen Konsuls aus der Stadt führt dazu, daß Peru
seine übrigen Konsuln abberuft und Chile die seinigen aus Peru. Es droht
ein kriegerischer Zusammenstoß, der jedoch bald einer versöhnlichen Stim-
mung Platz macht, da weder Peru noch Chile sich finanziell einen Krieg
leisten kann, auch mit Rücksicht auf die Haltung der Arbeiterschaft. Am
7. Dez. bieten die Ver. St. ihre guten Dienste zur Vermittlung an, die von
beiden Parteien angenommen werden. Ueber das Schicksal der strittigen
Provinzen soll, entsprechend dem Vertrag von Ancon, durch Volksabstim-
mung entschieden werden.
— — 40