Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Asien. (März 24. — April 5.) 635 
vorhanden wäre, würde sie doch nicht ihren Willen durchsetzen können, denn 
das jap. Volk will keine Eroberungskriege. Wir haben im Lande genug zu 
tun. Wir haben die soziale Gesetzgebung auszubauen und innere Reformen 
durchzuführen. Wir haben unsere Schuldenlast abzutragen. Der russ.-jap. 
Krieg hat uns 100000 Tote gekostet und eine halbe Million Invaliden 
hinterlassen, deren Familien unterhalten werden müssen. Japan findet in 
seinen Kolonien ein so gewaltiges Beschäftigungsfeld, daß es gar nicht daran 
denken kann, sich noch weiter auszudehnen. 
24. März. (China.) Tuantschijui wird wieder (s. Gesch Kal. 1917 
Tl. 2 S. 952 f.) zum Premierminister ernannt. 
„Reuter“ bemerkt dazu: Diese Ernennung bedeutet einen politischen Sieg 
der Gouverneure der nördlichen Provinzen, der sich aus ihren mililärischen 
Erfolgen über die südlichen in Hunan ergibt. « 
25. März. (China — Japan.) Notenaustausch betr. das Ein- 
greifen im Fernen Osten. (S. S. 637 f.) 
26. März. (Japan.) Jap.-amerik. Schiffsraumabkommen. 
Das „Japan Weekly Chronicle“ v. 4. April meldet, daß am 26. März 
zwischen J. und den Ver. Staaten ein Abkommen abgeschlossen wurde, auf 
Grund dessen J. den Amerikanern Schiffsraum im Austausch gegen Schiffs- 
baumaterialien abgeben soll. Nach einer amtl. jap. Meldung handelt es 
sich um 400000 To. Schiffsraum. 
26. März. (Japan.) Vertagung des Reichstags. 
Vor der Vertagung erklärt Ministerpräsident Terautschi im Ober- 
hause, die Befürchtung, daß der Einfluß Deutschlands sich im Fernen Osten 
allmählich ausbreiten und den Frieden bedrohen werde, sei wahrscheinlich. 
Sollte die Lage sich so entwickeln, daß die Sicherheit und das Gedeihen 
Japans dadurch gefährdet würden oder daß die gemeinsamen Interessen 
der Alliierten Schritte nötig machten, dann sei die Regierung entschlossen, 
die nötigen Maßregeln zu ergreifen. Unter den augenblicklichen Verhältnissen 
erachte er eine bewaffnete Intervention nicht für begründet. 
5. April. (Sibirien.) Landung jap. Truppen in Wladiwostok. 
Sie stehen unter dem Befehle des Admirals Kato, der in einem 
Aufruf an die Bevölkerung bekannt gibt, daß die jap. Truppen gekommen 
seien, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. 
Aus Tokio wird anläßlich der Landung folgende Kundgebung verbreitet: 
Die Landung der jap. Truppen in Wladiwostok, der dann die der Briten 
folgte, war seit einigen Wochen zu einer gebieterischen Notwendigkeit ge- 
worden. Gewisse Volksgruppen waren entschlossen, Japan zum Eingreifen 
zu zwingen. Die zurückgebliebenen Japaner wurden die Opfer von wieder- 
holten rohen Angriffen sogenannter Maximalisten, die ebenso gut deutsche 
Kriegsgefangene sein konnten. Mehrere dieser Angriffe erschienen so wider- 
sinnig, daß man sie fast mit Sicherheit Deutschen zuschreiben konnte. Man 
kann nicht im geringsten annehmen, daß Russen fähig sein sollten, Verbrechen 
zu begehen, wie z. B. die Ermordung einer ganzen jap. Familie vor den 
Augen der Mutter und ähnliche Greuel. 
Der Vollzugshauptausschuß Sibiriens faßt in einer Voll- 
versammlung nach Erörterungen über die Landung der Japaner in Wladi- 
wostok folgenden Beschluß, der sofort nach Wladiwostok als Richtschnur für 
das Verhalten übermittelt wird: Der Vollziehende Hauptausschuß von 
Sibirien erhebt gegen die jap. Landung in Wladiwostok Widerspruch, die
	        
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