Asien. (Sept. 17. 22.) 645
schikai als erster Berater in der nach amerik. Muster geschaffenen Stellung
eines Staatssekretärs zu dienen. H. ist der Mann der gesunden Mäßigung.
Er ist der Kandidat der Versöhnungspolitiker des Nordens.
Der bisherige Präsident Fengkuotschang, der die Präsidentschaft am
2. Aug. 1917 (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S. 948) nur prov. übernommen hatte,
zeigte sich selbst für die fortschrittlichen Elemente Nordchinas unannehmbar,
geschweige denn für die südchin. Demokratie. Die innere Lage Chinas ist
infolge des Zwistes zwischen Nord und Süd völlig verwirrt. Wie „Reuter“
aus Schanghai u. 11. Sept. berichtet, hat der chin. Presse zufolge der britische
Gesandte in Peking, Sir Jordan, der chin. Regierung die Vermittlung Groß-
britanniens und der Ver. Staaten von Amerika in den inneren Wirren
Chinas angeboten. Das chin. Kabinett habe über diesen Vorschlag ohne Er-
gebnis beraten. — Die Regierung in Kanton lehnt die Anerkennung des
neuen Präsidenten ab.
17. Sept. (Japan.) Anerkennung des Tschecho-slowak. National=
rates.
„Reuter“ meldet aus London: Japan hat das tschecho--slowak. Heer
offiziell als kriegführenden Bundesgenossen und den Nationalrat als die
Körperschaft anerkannt, die den Oberbefehl über das Heer führt.
22. Sept. (Japan.) Kabinettswechsel.
Das seit Okt. 1916 im Amte befindliche Kabinett Terautschi tritt
zurück. Sein Haupt, der 69 jährige (gemäßigt kons.) Feldmarschall Graf
Terautschi, hatte seit Monaten mit einer beständig wachsenden Opposition
der bish. Regierungsanhänger, der Seiyukaipartei, die entsprechend ihrem
demokr. Programm einen größeren Anteil an der Regierung forderte, zu
kämpfen. Auch seine unsichere Haltung in der Frage der Intervention in
Sibirien rief schroffe Angriffe hervor. Durch die inneren Schwierigkeiten,
die zu den sog. Reisunruhen (s. S. 643) führten, war die Stellung des
Kabinetts schließlich völlig unhaltbar geworden. (Ueber den Regierungs-
wechsel s. auch die Mitteilungen in der „Frankf. Ztg.“ v. 27. Sept. 1918,
Erstes Morgenbl.)
Das Ministerpräsidium wird vom Kaiser zunächst dem früheren Führer
der Seiyukaipartei, Marquis Saionji, angeboten, der jedoch ablehnt. Am
30. bildet sodann der gegenwärtige Führer der Seiyukaipartei Kei Hara
folgendes Kabinett: Präsidium: Kei Hara, Aeußeres: Graf Yasuya Uchida
(letzter Botschafter in Petersburg), Juneres: Takejiro Tokonami, Finanzen:
Korekyo Takahashi, Verkehr: Tokugoro Nakahashi, Landwirtschaft und
Handel: Tatsuo amamoto, Unterricht: Utaro Noda, Krieg: General-
leutnant Giichi Tanaka, Marine: Admiral Kato. (Näheres über die neuen
Männer s. in der „Nordd. Allg. Ztg.“ 1918 Nr. 527.)
Kei Hara (64 Jahre alt, bereits mehrmals Minister) war ursprünglich
Journalist. Er ist der erste bürgerliche und aus dem Parlament hervor-
gegangene Ministerpräsident in J. Auch die übrigen Kabinettsmitglieder
mit Ausnahme des Kriegs- und Marineministers, die notwendigerweise
Fachleute sind, gehören der Parlamentsmehrheit, der Seiyukaipartei, an.
Mit diesem Kabinett gelangt die Parlamentsmehrheit in J. zum ersten
Male zur vollen Ausübung der Regierungsgewalt. Zu berücksichtigen ist
freilich, daß die parlament. Vertreter in J. nicht wie in Deutschland auf
Grund eines demokr. Wahlrechts gewählt sind.
Ueber das Programm des neuen Kabinetts äußert sich der Minister
des Aeußern Uchida in einem Interview mit einem Vertreter des „Reuter“ schen
Büros am 16. Okt.: Die auswärtige Politik Japans ist festgelegt. Aende-