Die Friedens-
und Waffenstillstandsverhandlungen.
A. Der Friede im Osten.
1. Die Friedensverhandlungen mit Großrußland
und der AUkraine.
1. Jan. (Brest-Litowsk.) Eintreffen der Friedensdelegation der
Ukr. Volksrepublik.
Sie besteht zunächst aus vier Bevollmächtigten, die Mitglieder der ukr.
Zentralrada und der allruss. konstituierenden Versammlung sind. Einige
Tage später trifft auch der Führer der Delegation, der Minister für Handel
und Industrie Holubowitsch, ein.
Die Teilnahme der ukr. Republik an den Friedensverhandlungen wurde
von den Zentralmächten am 26. Dez. 1917 (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S. 787)
zugestanden. Die Vorbesprechungen zwischen den Vertretern der Mittelmächte
und den ukr. Delegierten, die mit allen Vollmachten zur Führung der
Friedensverhandlungen versehen sind, werden sofort ausgenommen.
2. Jan. Russ. Vorschlag betr. VBerlegung des Verhandlungsortes.
Der Vorsitzende der russ. Friedensdelegation, Joffe, sendet am 2.
aus Petersburg an die Vorsitzenden der Vertretungen der Mittelmächte
folgendes Telegramm: Die Regierung der russ. Republik sieht es als dringlich
an, die weiteren Friedensverhandlungen auf neutralem Gebiete zu führen
und schlägt ihre Verlegung nach Stockholm vor. Die russ. Delegation er-
wartet Antwort hierauf in Petersburg. Was den Vorschlag der deutschen und
österr.-ung. Delegation vom 25. Dez. (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S.961 f.) wenig-
stens in der Fassung der ersten beiden Punkte anlangt, so sieht die Regierung
der russ. Republik als geschäftsführender Hauptausschuß der Sowjets in voller
Uebereinstimmung mit der von unserer Friedensdelegation ausgedrückten
Meinung diesen Vorschlag als dem Grundsatz der freien Selbstbestimmung
der Völker widersprechend an, selbst in der eingeschränkten Form der Antworts-
erklärung des Vierbundes. Der Vorsitzende der Friedensdelegation Joffe.
In ihrer Erwiderung (am 4.) lehnen die Delegationen der Vier-
bundmächte jede Verlegung des Verhandlungsortes ab, da bindend ver-
abredet worden sei, die Verhandlungen spätestens am 5. in Brest-Litowsk
wieder aufzunehmen. (S. auch Tl. 1 S. 2.)
Daraufhin trifft am 4. Jan. abends in Brest-Litowsk folgendes Hughes-
Telegramm aus Petersburg ein: An die Herren Vorsitzenden der vier
verbündeten Mächte. Die Verlegung der Verhandlungen auf neutrales
Gebiet entspricht dem erreichten Stand der Verhandlungen. In Anbetracht
der Ankunft Ihrer Delegationen am früheren Orte der Verhandlungen wird
unsere Delegation zusammen mit dem Volkskommissar für auswärtige An-
gelegenheiten Trotzki morgen nach Brest-Litowsk fahren, in der Ueberzeugung,
daß eine Verständigung über die Verlegung der Verhandlungen auf neutralen
Boden keine Schwierigkeiten machen wird. Die russische Delegation.