756 Anhang I. Diplomatische Enthüllungen.
unterschreiben, können ihre Zustimmung zu den Bestimmungen desselben
durch einen besonderen Akt erklären. Eine solche Zustimmung ist der rus-
sischen Regierung bekanntzugeben, die davon sowohl den vertragschließenden
als auch den später hinzutretenden Staaten Mitteilung macht. Kraft dessen
ist das gegenwärtige Protokoll, das geheim ist und bleiben soll, von den
Bevollmächtigten der erwähnten Mächte unter Beifügung ihres Siegels
unterschrieben worden. Verfaßt in St. Petersburg am 1./14. März 1904 in
einem einzigen Exemplar, das in den Archiven des Ministeriums der Aus-
wärtigen Angelegenheiten Rußlands aufbewahrt wird, während bestätigte
Abschriften davon auf diplomatischem Wege an alle vertragschließenden
Mächte einzusenden sind. Für Deutschland: Alvensleben. Für Oesterreich
und Ungarn: der österreichisch-ungarische Botschafter H. Aehrenthal. Für
Dänemark: P. Löwenörn. Für Rumänien: G. Rosetti-Solesko. Für Ruß-
land: Graf Lambsdorf. Für Serbien: Stojan Nowakowie. Für Schweden
und Norwegen: Aug. F. Gildenstolpe. Für die Türkei: Husni. Für Bul-
garien: Stojanow.
Dem Protokoll sind als Anlage Erklärungen beigefügt, die der tür-
kische, dänische, rumänische, schwedische und norwegische Vertreter dem rus-
sischen Minister für Ausw. Angelegenheiten abgegeben haben und worin
diese Länder zu diesem Protokoll gewisse Vorbehalte machen.
3. Russ. Memorandum über die Anarchistenbewegung v. 3./16. Jan.
1906. („Dokumente“ S. 207 ff.)
Der Minister der Ausw. Angelegenheiten Graf Lambsdorf unter-
breitete am 3.,16. Jan. 1906 dem Kaiser Nikolaus II. ein Memorandum
über die Anarchistenbewegung, das als amtliches Dokument über den Ur-
sprung der revolutionären Bewegung in Rußland von großer geschichtlicher
Bedeutung ist. L. stellt zunächst fest, daß die revolutionäre Bewegung in
Rußland einen internationalen Charakter hat und von ausländischen kapi-
talistischen jüdischen Organisationen gelenkt wird, wofür verschiedene Be-
weise angeführt werden. Das Memorandum fährt fort: Indem wir von
dem Gedanken ausgehen, daß unsere revolutionäre Bewegung von den Be-
strebungen und den Kapitalien des Weltjudentums tatkräftigst unterstützt
und teilweise sogar geleitet wird, decken wir dadurch gleichzeitig mit aller
Wahrscheinlichkeit das organisatorische und intellektuelle Zentrum auf, in
welchem die Hauptfäden des gegen die russ. Regierung geführten Kampfes
zusammenlaufen, und zwar den berühmten, im Jahre 1860 gegründeten
alllüdischen Weltverband, die „Alliance israélite Universelle“ und deren
Zentralkomitee in Paris, das über kolossale Geldmittel verfügt, einen enormen
Personalstand besitzt und sich auf alle Arten von Freimaurerlogen stützt,
die gehorsame Organe dieser Weltorganisation bilden. Der eigentliche Zweck
der „Alliance isracélite Universelle“, vermittels des als Anziehung für die
ungebildeten Massen dienenden Sozialismus überall den Triumph des anti-
christlichen und antimonarchischen Judentums vorzubereiten (das Frankreich
tatsächlich bereits völlig ergriffen hat), stieß in dem Staatsregime Ruß-
lands, des bäuerlichen rechtgläubigen und monarchischen Landes, auf das
größte Hindernis; daher der Kampf mit der bestehenden Regierung, der
mit voller Berechnung gerade zu der Zeit begann, als sie durch den Krieg
mit Japan am empfindlichsten geschwächt war. Deshalb auch ist die vor-
nehmste Lösung dieses erbitterten Kampfes das allgemeine, gleiche, direkte
und geheime Wahlrecht; wenn dieses Prinzip schon jetzt vor Zusammentritt
der Reichsduma anerkannt werden sollte, wie dieses von allen Parteien so
dringend verlangt wird, so würde es die endgültige Vernichtung derjenigen
historisch entwickelten Rechtshindernisse bedeuten, die dem Triumph des