3. Jur Kriegepslitik Gesterreich= Auserns. 795
eines Revertera bedurft habe, um den Geist Czernins über die Frage auf-
zuklären, über die der Kaiser von Oesterreich selbst das letzte Wort ge-
sprochen hat? Denn Kaiser Karl ist es, welcher in einem Briefe vom Monat
März 1917 mit eigener Hand seine Zustimmung „zu den gerechten Rück-
forderungsansprüchen Frankreichs mit Bezug auf Elsaß-Lothringen“ bestätigt
hat. Ein zweiter kaiserlicher Brief stellt fest, daß der Kaiser „mit seinem Minister
einig“ sei. Es bedurfte nichts mehr, um Graf Czernin Lügen zu strafen.
Demgegenüber wird am 10. in Wien amtlich verlautbart: Herr
Clemenceau sucht sich durch fortgesetzte Verdrehungen der Tatsachen aus der
peinlichen Lage herauszuwinden, in die er durch das Ableugnen der in der
Rede des Grafen Czernin vom 2. April enthaltenen Feststellungen geraten
ist. — Wir halten es für überflüssig, die Unwahrheit jeder einzelnen seiner
Behauptungen besonders nachzuweisen, denn wir würden uns damit nur
in den Dienst seines offenkundigen Bestrebens stellen, durch eine Erörterung
über die Vorgeschichte der Freiburger Zusammenkunft die Aufmerksamkeit
von jenen zwei Tatsachen abzulenken, auf welche es in der Rede des
Grafen Czernin allein ankommt, daß nämlich Herr Clemenceau noch kurz
vor Beginn der letzten Offensive im Westen erst eine Annäherung an Oester-
reich-Ungarn gesucht und ihm sodann zu wissen gegeben hat, daß Frankreich
zu einem Frieden ohne Annexion Elsaß-Lothringens nicht zu haben sei.
Nun sucht Herr Clemenceau die Aufmerksamkeit von diesen zwei Punkten
dadurch abzulenken, daß er angeblich politische Aeußerungen in die Dis-
kussion wirft, welche Kaiser Karl brieflich getan haben soll, und welche, wie
er behauptet, besagen, daß er „den gerechten Wünschen Frankreichs auf
eine Rückerwerbung Elsaß-Lothringens zustimme“, daß ferner sein Minister
des Aeußern ebenso denke wie er. Die Unsinnigkeit dieser Behauptung liegt
auf der Hand; sie steht im krassesten Widerspruch mit allen öffentlichen
Reden, welche der verantwortliche Minister des Aeußern stets gehalten hat
und welche auch in Frankreich bekannt sind. Insbesondere beweist die nicht
einmal von Clemenceau abzuleugnende Tatsache, daß k. u. k. Truppen für
Elsaß-Lothringen an der Westfront kämpfen, klarer als alle Argumente die
über jedem Zweifel erhabene bundestreue Gesinnung unseres Monarchen.
Zum Ueberfluß sei ausdrücklich festgestellt, daß die Angaben Herrn Cle-
menceaus über die brieflichen Aeußerungen Kaiser Karls von Anfang bis
zu Ende erlogen sind. Deutlich geht aus all den Aeußerungen Clemenceaus
nur die von ihm offen eingestandene Tatsache hervor, daß der Krieg an
der Westfront andauert, weil Frankreich Elsaß-Lothringen erobern will.
Einen besseren Beweis, daß die Mittelmächte zur Verteidigung ihres Besitz-
standes kämpfen, hätte Herr Clemenceau der Welt nicht liefern können.
Am gleichen Tage richtet Kaiser Karl an Kaiser Wilhelm folgendes
Telegramm: Der franz. Ministerpräsident, in die Enge getrieben, sucht dem
Lügennetz, in das er sich selbst verstrickt hat, zu entrinnen, indem er immer
mehr und mehr Unwahrheiten anhäuft und sich nicht scheut, nunmehr auch
die völlig falsche und unwahre Behauptung aufzustellen, daß Ich irgend-
welche „gerechte Rückerwerbungsansprüche Frankreichs auf Elsaß-Lothringen“
anerkannt hätte. Ich weise diese Behauptung mit Entrüstung zurück. In
einem Augenblick, in welchem die österr.-ung. Kanonen gemeinsam mit den
deutschen an der Westfront donnern, bedarf es wohl kaum eines Beweises
dafür, daß Ich für Deine Provinzen genau so kämpfe und ferner zu kämpfen
bereit bin, als gälte es, Meine eigenen Länder zu verteidigen. Obwohl Ich
es angesichts dieses sprechenden Beweises einer völligen Gemeinschaft in
den Zielen, für welche Wir seit nunmehr fast vier Jahren den Krieg fort-
führen, für überflüssig halte, auch nur ein Wort über die erlogene Be-
hauptung Clemenceaus zu verlieren, liegt Mir doch daran, Dich bei dieser