802 Anhaug I. Biplonatische Euthüllnnsen.
Espérant qu'ainsi nous pourrons bientôt de part et d’'autre mettre
un terme aux souffrances de tant de millions d'hommes et de tant de
familles qui sont dans la tristesse et I’anzxiété
je te prie de croire à ma sinceère et
fraternelle affection
Charles.
Die Aussprache zwischen der österr. und der deutschen Regierung über
die Friedensziele wurde bei einem Besuch des Grafen Czernin in Berlin
am 26. März fortgesetzt. (Den Bericht über die Besprechung s. in den
„Münch. Neuesten Nachr.“ 1922 Nr. 89, 92, 94, 96.) Bei dieser Gelegenheit
betonte Graf Czernin, daß es für Oesterreich-Ungarn unmöglich sei, den
Krieg über den Herbst hinaus weiterzuführen, und suchte die deutsche Re-
gierung zu Zugeständnissen im Westen geneigt zu machen; andererseits
vertrat er ein sehr weitgehendes Annexionsprogramm im Osten und war
lediglich zur Zulassung Serbiens zur Adria bereit. Als Ergebnis der Aus-
sprache gelang es Czernin, aus Berlin eine schriftliche Vereinbarung über
grundsätzliche Schadloshaltung im Osten mitzunehmen. Eine weitere Etappe
in der Friedenszielerörterung zwischen der österr. und der deutschen Re-
gierung bildete die Zusammenkunft Kaiser Karls mit Kaiser Wilhelm am
3. April in Homburg (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 1 S. 391 f.), hinter der von
franz. Seite ein Doppelspiel Kaiser Karls vermutet wurde, weshalb man
den Eröffnungen seines Briefes mit einem gewissen Mißtrauen begegnete.
Der Versuch des Grafen Czernin in Homburg, Deutschland dem Friedens-
schlusse unter Preisgabe von Elsaß-Lothringen gegen Entschädigung durch
Polen und Galizien geneigt zu machen, verlief völlig ergebnislos. Dieser
Mißerfolg bestimmte Czernin in einer Denkschrift an Kaiser Karl (s. S. 804 ff.)
zu erklären, daß Deutschland über den Spätsommer hinaus nicht mehr auf
Oesterreich-Ungarn werde rechnen können, um dadurch einen Druck auf
Deutschland auszuüben.
Die weiteren Schicksale des Kaiserbriefes waren folgende: Am 11. April
machte der franz. Ministerpräsident Ribot bei einer Zusammenkunft in
Folkestone Lloyd George von dem Schritte des Kaisers Mitteilung. Am
folgenden Tage fand eine erneute Zusammenkunft zwischen Poincaré und
dem Prinzen Stxtus statt, bei welchem diesem mitgeteilt wurde, daß Eng-
land dem Plan günstig gesinnt sei, jedoch wurde der Ansicht Ausdruck
verliehen, daß die Verständigung Italiens von der Angelegenheit nicht
länger verzögert werden dürfe. Die Sondierung Italiens hinsichtlich
der Friedensfrage (ohne Erwähnung des Kaiserbriefes) fand am 19. April
in St. Jean de Maurienne (s. Gesch Kal. 1917 Tl. 2 S. 402) statt, wobei
der ital. Außenminister Baron Sonnino es rundweg ablehnte, von den
Italien durch den Londoner Vertrag v. 26. April 1915 zugesprochenen
Gebietserweiterungen irgendetwas aufzugeben. Prinz Sixtus setzte Kaiser
Karl von der Haltung Italiens in Kenntnis. Im Mai weilte Prinz Sixtus
erneut in Wien, wo er sich überzeugte, daß der Kaiser entschlossen war,
seinen Plan durchzukämpfen, daß er aber Sicherungen verlange. Auch Graf
Czernin sprach diesmal offener.
Am 9. Mai überreichte Kaiser Karl dem Prinzen folgendes Hand-
schreiben: „Laxenburg, 9. Mai 1917. Mein lieber Sixtus! Ich stelle mit
Befriedigung fest, daß England und Frankreich meine Ansichten über den
europäischen Frieden in deren wesentlichen Grundlagen teilen, jedoch setzen
sie mir ihren Willen entgegen, einen Frieden nicht abzuschließen, ohne daß
Italien daran teilnimmt. Italien hat doch eben das Ersuchen an mich ge-
richtet, einen Frieden abzuschließen. Es verzichtet auf alle seine unannehm-
baren Ansprüche, die auf eine Eroberung der flawischen Länder an der