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dem das Amt Lipperode, der zweite Sohn erhielt das Amt Alverdissen und die
8. g. lippischen Gerechtsame?).
So gingen zwei Speziallinien von Philipp aus:
1) die regierende Linie Friedrich Christians zu Bückeburg;
2) die paragirte Linie Philipp Ernsts zu Alverdissen, welche an der Graf-
schaft Schaumburg keinen Antheil hatte, sondern lediglich auf die erbherr-
lichen lippischen Rechte beschränkt war.
Die regierende schaumburg-lippische Linie Friedrich Christians erlosch be-
reits am 10. Septbr. 1777 mit dem Grafen Friedrich Wilhelm Ernst, dem
berühmten portugiesischen Feldmarschall.
Ueber die Successionsfähigkeit der Linie Lippe-Alverdissen wurden zwar nicht
von Seiten der Agnaten, wohl aber von Seiten des Lehenherrn, des Landgrafen
von Hessen-Kassel, Zweifel erhoben. Der Sohn Philipp Ernsts, des Stifters der
Linie Alverdissen, Graf Friedrich Ernst (geb. 1694), hatte sich am 22. Sept.
1722, noch bei Lebzeiten seines Vaters, mit Philippine Elisabeth von Frie-
senhausen verheirathet. Da aus dieser Ehe männliche Nachkommen entspros-
sen, wurde vom Hause Hessen-Kassel, wovon das Haus Schaumburg-Lippe seinen
Antheil. der Grafschaft Schaumburg zu Lehen trug, die Ehe mit der von Friesen-
hausen als unstandesmässig angefochten. In einem 1749 zu Kassel ausge-
fertigten neuen Lehnbriefe wurde bei Erwähnung des Grafen Friedrich Ernsts
und seiner männlichen Leibes-Lehenserben das Wort „successionsfähige“ ein-
geschaltet. Wegen dieses darunter verstandenen Vorwurfs der Unstandesmässig-
keit der Ehe mit der Friesenhausen wurde am 12. Jwi 1753 vom Reichshofrathe
gegen Hessen-Kassel ein kaiserliches Mandat ausgebracht, dass die Nachkommen
des Grafen Friedrich Ernsts durch obige Veränderung des I.ehenbriefes nicht im
Besitze ihrer altadeligen Herkunft gestört werden sollten: „de non turbando natos
comitis S. R. I. in possessione vel quasi juris succedendi in quatuor praefecturas
comitatus Schaumburgici“ ®).
So gelangte denn auch Philipp Ernst, der Sohn aus dieser angezweifelten
Ehe, nach dem Erlöschen der Linie zu Bückeburg, am 10. Sept. 1777 zur Regie-
rung in Schaumburg-Lippe und erhielt am 19. März 1778, als Hauptbelehnter
für sich und seine Manneserben und zugleich für seinen Bruder Johann Wilhelm,
die hessen-kasselsche Belehnung. Als aber Philipp Ernst am 13. Februar 1787
plötzlich starb, machte Hessen-Kassel jetzt von Neuem seine Ansprüche geltend,
verweigerte dem unmündigen Sohne Philipp Ernsts, Georg Wilhelm (geb. 1784),
die Anerkennung und nahm durch einen Gewaltakt den lippischen Antheil der
Grafschaft Schaumburg, als heimgefallenes Lehen, in Besitz. Diese völlig wider-
1) Im Codicill von 1678 heisst es: „Und dieser unser letstgeborener Sohn soll auch die lippi-
schen jura am Consistorio, Hofgericht und bei Landtagen zu exerciren haben, wie uns das bei Leben,
kraft Unsern Herru Vaters (Bimons VI.) löbliches Gedächtniss errichteten Testamentes und im Hause
Lippe erfolgter Bruder- und Vetterlicher Verträge, zugestanden und Unser ältester Sohn Herr Fried-
rich Christian, ohngeachtet er das Amt Lipperode überkommt, Unseren jüngsten Sohn, so Innge der-
selbe und dessen Mannesstamm im Leben sein wird, daran zu verhindern nicht befugt, sondern dem-
selben vielmehr pro conservando jure zu assistiren schuldig sein soll."
2) Mosers Staatsarchiv 1758. Th. 2 8.850. Derselbe, Familienstaatsr. Th. 2 8. 108.
Strubens rechtliche Bedenken Th. 2 8. 507. Pütters Missheirathen 8. 207.