Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

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man ihnen den Fall des sogenannten Verfassungsbruches 
gegenüberstellt. 
Verfassungsstreitigkeiten im engeren Sinne sind danach 
einmal Streitigkeiten über die Auslegung der Verfassung oder 
einzelner Verfassungsbestimmungen. Dass derartige Streitig- 
keiten nur möglich sind, wenn eine Verfassung besteht und 
ihre Bestimmungen fixiert sind, mit anderen Worten, wenn 
eine Verfassungsurkunde vorhanden ist, ist schon gesagt 
worden. Verfassungsstreitigkeiten im engeren Sinne sind 
ferner auch Streitigkeiten über die Ausführung oder An- 
wendung von Verfassungsbestimmungen, nach der Termino- 
logie des erwähnten Bundesbeschlusses „Streitigkeiten über die 
Grenzen der bei der Ausübung bestimmter Rechte der Regenten 
den Ständen eingeräumten Mitwirkung.“18) Als ein unter diese 
Kategorie von Verfassungsstreiligkeiten fallender praktischer 
Fall kann der folgende als erläuterndes Beispiel angeführt 
werden: Im Jahre 1897 hatte die Regierung des Fürstentums 
Lippe der Residenzstadt Detmold bei Anlage einer \Wasser- 
leitung die Erlaubnis erteilt, das Wasser aus einer zum 
Domanialgut gehörenden Quelle zu entnehmen. Der Landtag 
wollte diese Erlaubnis als für ihn rechtsverbindlich nicht an- 
erkennen, weil verfassungsmässig die Regierung zur Erteilung 
dieser Genehmigung seine Zustimmung hätte einholen müssen. 
Der Landtag wandte sich in diesem Falle an den Bundesrat 
mit der Bitte um Entscheidung des Streites, indem er aus- 
führte, der Streit sei entbrannt über die Frage, ob die Ver- 
fassung zur Erteilung der fraglichen Genehmigung die Zu- 
stimmung des Landtages erfordere und voraussetze. Der 
Bundesrat war in diesem Falle zur Erledigung des Streites 
zuständig auf Grund des Artikel 76 Abs. 2 der Reichs- 
verfassung. Doch ist ein Beschluss seinerseits in der An- 
gelegenheit bis jetzt nicht ergangen. 
  
16) Aehnlich Schulze, Staatsrecht II S.61; auch Zachariae,. Deutsches 
Staats- und Bundesrecht II S.780: „Streitigkeiten über die Grenzen der 
Mitwirkung der verschiedenen Organe bei der Ausübung der staatlichen 
Hoheitsrechte.*
	        
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