Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

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Recht: „bei einzelnen vorkommenden Streitigkeiten wegen be- 
sonderer Austräge oder Kompromisse übereinzukommen 
(Art. 24 W.Schl.A.). Eine Ergänzung dieser Vorschrift enthielt 
der Bundesbeschluss vom 16. Juni 1817, welcher bestimmte: 
„es sei den Bundesgliedern überlassen, auch ohne Zutritt der 
Bundesversammlung die gütliche Ausgleichung ihrer Streitig- 
keiten unter sich zu treffen, und sich einander die Austräge 
zu gewähren, indem die Tätigkeit der Bundesversammlung nur 
dann eintrete, wenn sich die Bundesglieder über einen streitigen 
Gegenstand auf keine Art unter sich einigen können“. Dieses 
Recht auf Kompromisse steht den Einzelstaaten auch heute 
noch, und zwar nicht nur im zwischenstaatlichen, sondern 
auch im innerstaatlichen Verhältnis in vollem Masse zu, gleich- 
gültig, „ob das Kompromiss sich auf ein bestimmtes Rechts- 
verhältnis und alle aus demselben entspringenden Rechts- 
streitigkeiten, oder ob es sich allgemein auf alle oder auf 
gewisse Gattungen von Rechtsstreitigkeiten zwischen den kom- 
promittierenden Parteien bezieht, ob es neuen Datums ist, 
oder ob es unter die durch die Wiener Schlussakte ausdrück- 
lich aufrecht erhaltenen „früheren Familien- und Vertragsaus- 
träge“ fällt.«*) Entgegen der Bestimmung der Wiener Schluss- 
akte besteht aber eine Pflicht der Parteien, die Erledigung 
durch ein Schiedsgericht zu versuchen, bevor sie den Bundes- 
rat anrufen, nicht mehr. Gesetzlich zulässig ist vielmehr von 
vornherein das Anrufen des Bundesrates. Letzterer hat, wenn 
er angerufen wird, einen etwa zwischen den Parteien be- 
stehenden Schiedsvertrag nicht zu berücksichtigen. Seine Zu- 
ständigkeit ist begründet, sobald er angerufen wird, unbe- 
schadet anderweitiger Abmachungen der Parteien. 
Falls der Streit durch ein Schiedsgericht entschieden wird, 
so hat dessen Bescheid die Wirkungen eines rechtskräftigen 
Urteils unter den Parteien;5) wird er durch Vergleich erledigt, 
so finden die Vorschriften der Z.P.O. über die Wirkungen 
  
4) Haenel, Staatsrecht I S. 577. 
5) Vgl. dazu Dreyer, Die Tragweite des Schiedsspruches im Lippeschen 
Thronfolgestreite S. 49 ff., auf dessen zutreffende Ausführungen hier ver- 
wiesen wird.
	        
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