Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

134 I. 2. Revolution und Fremdberrschaft. 
Schülern der alten Kriegskunst sehr lästig; auch die Haltung der fran- 
zösischen Mannschaften besserte sich etwas durch die lange Kriegsübung. 
So erstarkte der Gegner; Preußen fand sich dagegen zu Anfang des 
dritten Feldzugs völlig gelähmt durch die Erschöpfung der Geldmittel. 
Sein Staatsschatz war nahezu geleert. Der König hatte schon im zweiten 
Kriegsjahre englischer Hilfsgelder nicht entbehren können. Ihm und seinem 
Heere allein verdankte das Reich die Wiedereroberung der rheinischen 
Hauptfestung. Er erbot sich nun den Reichskrieg auch im nächsten Jahre 
fortzuführen, wenn die übrigen Reichsstände, die bisher für die Verthei- 
digung der Westgrenze kaum 20,000 Mann in's Feld gestellt, ihm in 
seiner Geldnoth aushülfen und den Unterhalt seines Heeres am Rheine 
übernähmen. Aber der Scharfblick des kleinfürstlichen Particularismus 
sah in dem preußischen Vorschlage das Wiederaufleben der Ideen des 
Fürstenbundes. Zagheit und Selbstsucht überall; an manchen Höfen schon 
offener Verrath, da Frankreich längst darauf hinarbeitete die kleinen Herren 
unter seinen Einfluß zu bringen. Auch Oesterreich war der Neuerung nicht 
günstig, die den König von Preußen als Reichsfeldherrn, seine Truppen 
als Reichsheer hätte erscheinen lassen. Selbst eine Anleihe, welche Harden- 
berg von den kleinen Höfen des Westens zu erlangen hoffte, brachte nur 
einen kaum nennenswerthen Ertrag. Von seinen Mitständen verlassen 
entschloß sich Friedrich Wilhelm endlich, sein gesammtes rheinisches Heer 
in den Sold der Seemächte zu geben. Dieses ohnehin für eine Großmacht 
kaum erträgliche Verhältniß führte zu den ärgsten Zwistigkeiten, da der 
Subsidienvertrag unklare, vieldeutige Sätze enthielt. Die Seemächte meinten 
über die Truppen ihres Verbündeten willkürlich verfügen zu können und 
wollten im Interesse ihrer Handelspolitik die sämmtlichen Heere der Coalition 
in den Niederlanden versammeln. Preußen aber behielt sich selber die 
Wahl des Kriegsschauplatzes vor und versuchte nochmals die Reichsgrenze 
am Mittelrhein zu vertheidigen. Oesterreich wiederum hoffte auf Eroberun- 
gen in Flandern und Lothringen. Feldmarschall Möllendorff eröffnete den 
Feldzug durch einen zweiten Sieg bei Kaiserslautern; nachdem er im 
Sommer aus dem Gebirge hatte zurückgehen müssen, drang er im Herbste 
wieder vor und die preußischen Regimenter behaupteten zum dritten male 
siegreich die blutgetränkten Höhen an der Lauter. Auch in den Nieder- 
landen fehlte es nicht an glänzenden Kriegsthaten der norddeutschen Hilfs- 
völker; der heldenkühne Ausfall des hannoverschen Generals Hammerstein 
und seines Adjutanten Scharnhorst aus Menin bewies, daß die alte 
deutsche Waffentüchtigkeit noch nicht erstorben war. Jedoch der Muth der 
Einzelnen konnte nicht sühnen was die Schwäche der Heerführung und die 
Zweideutigkeit der kaiserlichen Politik verdarben. Im October ging das 
österreichische Heer aus Belgien über den Rhein zurück. Der Feind rückte 
nach, besetzte das Rheinland bis nach Coblenz hinauf, und also im Rücken 
bedroht mußten die Preußen jetzt ebenfalls das linke Ufer räumen.
	        
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