14 J. 1. Deutschland nach dem Westphälischen Frieden.
Hofkanzlei als höchste Behörde über die Kronländer diesseits der Leitha,
während die Lande der Stephanskrone in ihrem althistorischen staats-
rechtlichen Verbande blieben. Also ward mit sicherem Griffe die Form
gebildet, welche allein dies an Gegensätzen überreiche Ländergewirr zu-
sammenhalten konnte; nach mannigfachen vergeblichen Anläufen zum
Einheitsstaate wie zum Staatenbunde ist die Monarchie seitdem immer
wieder zu den Gedanken der Kaiserin zurückgekehrt. Auch die Noth und
der Ruhm der theresianischen Tage kräftigten den Bestand des Staates;
durch acht schwere Kriegsjahre behauptete die stolze Habsburgerin, be-
harrlich unterstützt von ihren treuen Völkern, das Erbe ihres Hauses
gegen eine mächtige Coalition; und wie leuchtend auch während des sieben-
jährigen Krieges das Gestirn König Friedrich's emporstieg, die Besiegten
selber zur Bewunderung zwingend, das kaiserliche Heer trug doch die
Kränze von Kollin und Hochkirch, freute sich der Heldengröße seines Loudon,
ging mit berechtigtem Selbstgefühl aus dem gewaltigen Kampfe hervor.
Lange bevor es ein Kaiserthum Oesterreich gab, redete der allgemeine
Sprachgebrauch Europas schon von dem österreichischen Staate und Heere.
Der Besitz der Stephanskrone gewährte dem Kaiserhause die Mög-
lichkeit, in der europäischen Politik eine feste Richtung folgerecht einzu-
halten. Der Eroberer Ungarns, Eugen von Savoyen, wies dem Staate
die verheißende Bahn nach dem Schwarzen Meere; vorzudringen bis zu
den Mündungen des Stromes und die slavisch-walachischen Völker auf
beiden Ufern einer überlegenen Gesittung zu unterwerfen, dies schien
fortan der natürliche Beruf des Donaureiches. Darum galt das ent-
legene Belgien, das den Staat beständig in die Händel Westeuropas zu
verwickeln drohte, bald als eine unbequeme Last; schon zur Zeit der
schlesischen Kriege begannen die seitdem beharrlich wiederkehrenden Ver-
suche, den unhaltbaren Außenposten gegen ein näher gelegenes Gebiet
auszutauschen. Gleichwohl lernte das Kaiserhaus niemals, in weiser
Selbstbeschränkung die gesammelte Kraft des Staates gegen den Südosten
zu wenden. Eine nationale Politik war in diesem Reiche der Völker-
trümmer ohnehin unmöglich; zu keiner Zeit und am wenigsten in jener
Epoche des Absolutismus hat die öffentliche Meinung auf Oesterreichs
diplomatische Haltung irgend welchen Einfluß ausgeübt. Die europäische
Stellung des Staates ward jederzeit allein durch das persönliche Be-
lieben seiner Herrscher bestimmt. Die Macht des Hauses war einst
gegründet worden durch eine schlaue und kühne Familienpolitik, die
planlos begehrlich nach allen Seiten hin um sich griff, ohne nach der
Weltstellung und Eigenart der unterworfenen Länder zu fragen. Die
Gedanken dieser dynastischen Staatskunst und die glänzenden Erinnerungen
kaiserlicher Weltherrschaft bleiben auch in dem neuen Donaureiche noch
lange lebendig. Die Hofburg hält ihre Herrscherstellung im deutschen
Reiche beharrlich fest; sie versucht zugleich, durch die Eroberung Baierns