244 I. 2. Revolution und Fremdherrschaft.
—ê
Königs von Polen, der Czar den eines Königs von Litthauen annehmen,
„diese Titel würden jedes andere Gefühl verwischen“. Friedrich Wilhelm
hütete sich wohl dem zweischneidigen Rathe zu folgen; doch unterdessen ent-
warf man in Paris ein Manifest, das die Polen aufrief an der Seite ihrer
alten französischen Bundesgenossen für die Freiheit zu kämpfen. Für die
Eröffnung des Feldzugs konnte Preußen allein auf Kursachsens Mitwirkung
rechnen, und dieses einen Freundes Treue wankte schon längst. Mehrmals
ließ Napoleon dem Dresdner Hofe erklären, er betrachte Sachsens Theil-
nahme an dem Kriege als erzwungen; der ängstliche Kurfürst wagte den
offenbaren Verrath noch nicht, doch beließ er seinen Gesandten in Paris und
sprach, schon bevor die Nachricht von der Jenger Schlacht eintraf, dem
französischen Kaiser seinen Dank aus für die freundschaftliche Gesinnung.
Auch sein Vertreter in Wien, Graf Schönfeld erhielt die Weisung dem
französischen Gesandten zu erklären: der Kurfürst habe sich nur durch die
Umstände gezwungen an Preußen angeschlossen und hoffe, daß Napoleon
in dem Verfahren des sächsischen Hofes nicht eine Feindseligkeit gegen
Frankreich sehen werde. Mit Sicherheit durfte Napoleon auf Kursachsens
Abfall rechnen; der hessische Kurfürst aber blieb neutral, da seine Habgier
von diesem Kriege nichts erwarten konnte, und Haugwitz ließ ihn gewähren.
In solcher Vereinsamung erhob Preußen die Waffen wider die Macht
des gesammten Westeuropas. Nur eine vorsichtige Vertheidigung konnte
dem ungleichen Kampf einen leidlichen Ausgang sichern; gestützt auf jenes
Festungsdreieck zwischen Elbe und Oder, das so oft schon die Rettung des
bedrängten Staates gewesen, durfte man vielleicht hoffen die Uebermacht
des Feindes so lange hinzuhalten, bis das Hilfsheer aus dem Innern
Rußlands herankam. Aber Haugwitz wollte der mißtrauischen Welt un-
zweideutig beweisen, daß es ihm Ernst sei mit dem Kriege; er rieth zum
Angriff, auch die fridericianischen Traditionen des Heeres sprachen für
die verwegene Offensive. So beschloß man durch Thüringen gegen Süd-
deutschland vorzubrechen und setzte für dies tollkühne Unternehmen nicht
einmal die gesammte Armee in Marsch. Alle ostpreußischen und die Mehr-
zahl der südpreußischen Regimenter, an vierzigtausend Mann blieben in
der Heimath zurück. Wie anders wußte Napoleon für Krieg und Sieg
zu rüsten. Noch im August schob er die Truppen des Rheinbundes bis
an die Grenzen Thüringens heran; in den ersten Septembertagen erließ
er sodann seine Marschbefehle an die große Armee, jeden Tagemarsch
mit peinlicher Genauigkeit bestimmend. Seine Spione bereisten die Straßen
von Bamberg bis Berlin; eine Kriegskasse von 24,000 Fr. war ihm genug,
alles Weitere ergab sich von selbst nach dem sicheren Siege.
Noch bestimmter als im vorigen Jahre bezeichnete der Imperator dies-
mal die Zertheilung Deutschlands, die Unabhängigkeit aller deutschen
Kronen als das Ziel des Krieges; für diesen Zweck verlangte er in einem
Rundschreiben die Heeresfolge der Rheinbundshöfe. Dem Senate erklärte