Schlacht von Jena. 247
weil Haugwitz erst den Erfolg seines Ultimatums abwarten wollte. Man
verlor einige unschätzbare Tage in zwecklosem Verweilen nördlich des Thü—
ringerwaldes. Da kam die Nachricht, daß der Feind durch das östliche
Thüringen auf der Nürnberg-Leipziger Straße heraneile, die linke Flanke
der Preußen bedrohend. Der Herzog von Braunschweig fürchtete für
seine Rückzugslinie und befahl den Abmarsch nach der Elbe. Auf diesem
Rückzuge wurde die Armee zugleich vom Süden und vom Osten her ange—
griffen. Der Kaiser selbst rückte durch das Saalthal nordwärts. Die
Vorhut der Preußen ward bei Saalfeld geworfen; der Tod des hoch-
herzigen Prinzen Louis Ferdinand schlug als ein unheilvolles Vorzeichen
die Zuversicht der Truppen völlig nieder, und mit Entsetzen hörten die
Offiziere aus den zerstreuten Haufen den in der preußischen Armee noch
unbekannten Ruf: wir sind Versprengte!
Fürst Hohenlohe aber, von dem eitlen Schönredner Massenbach übel
berathen, verlor jetzt in einem Tage den einst am Rheine ritterlich er-
worbenen Soldatenruhm. Er ging mit seinem preußisch-sächsischen Corps
auf die Hochebene des linken Saalufers über Jena zurück, und da ihm
verboten war sich in ein ernstes Gefecht einzulassen, so versäumte er nicht
nur die Flußübergänge sondern auch die das Thal und die Hochfläche
überschauenden Höhen zu besetzen. Napoleon bemerkte den Fehler so-
fort, bemächtigte sich alsbald der Höhenränder, führte selber Nachts, mit
der Fackel in der Faust, das Geschütz die steilen Abhänge hinauf: und
als der nebelgraue Morgen des 14. Octobers anbrach, hielt der Impe-
rator schon den sicheren Sieg in Händen. Wie sollte dieser Bruchtheil
der preußischen Armee die Position von Vierzehnheiligen behaupten gegen
das französische Hauptheer, das jetzt mit erdrückender Uebermacht von den
beherrschenden Höhen aus den Angriff begann? Der deutsche Soldat
focht tapfer, des alten Ruhms würdig, die preußische Reiterei zeigte sich
den Welschen wie immer überlegen; nur im zerstreuten Gefecht konnte
das schwerfällige Fußvolk mit den flinken Tirailleurs Napoleon's sich nicht
messen. Die Franzosen beflügelte das kriegerische Feuer junger siegge-
wohnter Führer, die Alliirten lähmte die Bedachtsamkeit ihrer hilflosen alten
Stabsoffiziere; voyez donc le pauvre papa saxon! rief der französische
Soldat mit spöttischer Verwunderung einem gefangenen greisen Obersten
zu. Noch konnte General Rüchel mit seinen frischen Truppen der ge-
schlagenen Armee einen geordneten Rückzug sichern, aber er führte die
Regimenter vereinzelt zu nutzlosem Kampfe vor. Also ward auch die
Reserve mit in die Niederlage verwickelt, und als nun in der frühen
Herbstnacht der Rückmarsch gegen Weimar angetreten wurde, da zerrissen
die letzten sittlichen Bande, welche dies Heer noch zusammenhielten. Taub
gegen die Mahnungen ungeliebter Führer dachte der Soldat nur an
sich selber. In einem unförmlichen Klumpen wälzten sich die Trümmer
der Bataillone und der Batterien, dazwischen eingekeilt der unendliche