Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Schlacht von Eylau. 2590 
lag, zur rechten Wirksamkeit. Das königliche Haus, das jetzt im letzten 
Winkel deutscher Erde, in Memel, seinen ärmlichen Hofhalt aufschlug, 
wurde dem ganzen Lande ein Vorbild würdiger Fassung, frommen Gott- 
vertrauens. Herzlicher, inniger als in den Tagen des Glücks schloß sich 
das stolze Volk Ostpreußens an das Herrscherhaus an; Jedermann im 
Lande erzählte bewundernd von der schönen Königin, wie sie krank bei 
wildem Schneesturm über die Oede der kurischen Nehrung geflohen war 
um lieber in Gottes Hand als in die Hände des Feindes zu fallen, und wie 
sie dann dem tiefgebeugten Gatten tröstend und mahnend zur Seite stand. 
Freilich fehlte noch viel daran, daß sich sofort in der Leitung des 
Staates ein freier und kühner Sinn gezeigt hätte; so mit einem Schlage 
waren die Nachwirkungen eines Jahrzehntes der Schwäche und der Halb- 
heit nicht zu überwinden. Wohl ergingen scharfe Mahnungen an die 
Truppen, strenge Strafen gegen die pflichtvergessenen Festungscomman- 
danten. Die kleine Armee Lestocq's zeigte eine musterhafte Haltung, und 
Scharnhorst, der bereits im vorigen Jahre die Bildung großer, aus allen 
Waffen gemischter Divisionen durchgesetzt hatte, beseitigte jetzt auch that- 
sächlich die schwerfällige alte Lineartaktik, leitete die Bewegungen des Heeres 
nach den Grundsätzen der neuen kühneren Kriegführung, welche der König 
selbst in einer eingehenden Instruction seinen Offizieren einschärfte. Aber die 
Ausrüstung der neunzehn Reservebataillone ging so langsam von statten, 
daß keines mehr im Felde zur Verwendung kam. Ein von dem Könige 
bereits unterschriebener Aufruf zur allgemeinen Volksbewaffnung blieb 
liegen, weil die treuen Stände Ostpreußens dringend vorstellten: der Adel 
könne nur in der königlichen Armee, nimmermehr in einem Landsturme 
dienen. Auch die Civilverwaltung kam noch monatelang aus einem un- 
erquicklichen Uebergangszustande nicht heraus. Der Monarch wollte noch 
nicht einsehen, daß die altgewohnte Cabinetsregierung mit der selbständigen 
Verantwortlichkeit der Minister sich nicht vertrug, und entließ den 
Minister Stein mit harten und ungerechten Worten, als der stolze Frei- 
herr schroff und leidenschaftlich auf der Beseitigung des Cabinets bestand. 
Richtiger verstand Hardenberg den König zu behandeln. Sein Freimuth, 
der immer in liebevollen, ruhigen Formen blieb, drang endlich durch, und 
am 26. April 1807 vollzog sich in aller Stille eine Verfassungsveränderung, 
die folgenreichste, welche der alte Absolutismus seit den Zeiten Friedrich 
Wilhelm's I. erlebt hatte. Die Cabinetsregierung wurde aufgehoben, 
Hardenberg als erster Minister mit der Leitung der auswärtigen An- 
gelegenheiten sowie aller mit dem Kriege zusammenhängenden Geschäfte 
beauftragt. 
Die Lage der Verbündeten blieb auch nach dem halben Erfolg von 
Eylau schwer bedrängt. So erfolgreich der zäheste Gegner Napoleon's 
auf den Meeren kämpfte, in der Behandlung der festländischen Dinge 
zeigte Englands Handelspolitik nach wie vor ein Ungeschick, das bereits 
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