Schlacht von Eylau. 2590
lag, zur rechten Wirksamkeit. Das königliche Haus, das jetzt im letzten
Winkel deutscher Erde, in Memel, seinen ärmlichen Hofhalt aufschlug,
wurde dem ganzen Lande ein Vorbild würdiger Fassung, frommen Gott-
vertrauens. Herzlicher, inniger als in den Tagen des Glücks schloß sich
das stolze Volk Ostpreußens an das Herrscherhaus an; Jedermann im
Lande erzählte bewundernd von der schönen Königin, wie sie krank bei
wildem Schneesturm über die Oede der kurischen Nehrung geflohen war
um lieber in Gottes Hand als in die Hände des Feindes zu fallen, und wie
sie dann dem tiefgebeugten Gatten tröstend und mahnend zur Seite stand.
Freilich fehlte noch viel daran, daß sich sofort in der Leitung des
Staates ein freier und kühner Sinn gezeigt hätte; so mit einem Schlage
waren die Nachwirkungen eines Jahrzehntes der Schwäche und der Halb-
heit nicht zu überwinden. Wohl ergingen scharfe Mahnungen an die
Truppen, strenge Strafen gegen die pflichtvergessenen Festungscomman-
danten. Die kleine Armee Lestocq's zeigte eine musterhafte Haltung, und
Scharnhorst, der bereits im vorigen Jahre die Bildung großer, aus allen
Waffen gemischter Divisionen durchgesetzt hatte, beseitigte jetzt auch that-
sächlich die schwerfällige alte Lineartaktik, leitete die Bewegungen des Heeres
nach den Grundsätzen der neuen kühneren Kriegführung, welche der König
selbst in einer eingehenden Instruction seinen Offizieren einschärfte. Aber die
Ausrüstung der neunzehn Reservebataillone ging so langsam von statten,
daß keines mehr im Felde zur Verwendung kam. Ein von dem Könige
bereits unterschriebener Aufruf zur allgemeinen Volksbewaffnung blieb
liegen, weil die treuen Stände Ostpreußens dringend vorstellten: der Adel
könne nur in der königlichen Armee, nimmermehr in einem Landsturme
dienen. Auch die Civilverwaltung kam noch monatelang aus einem un-
erquicklichen Uebergangszustande nicht heraus. Der Monarch wollte noch
nicht einsehen, daß die altgewohnte Cabinetsregierung mit der selbständigen
Verantwortlichkeit der Minister sich nicht vertrug, und entließ den
Minister Stein mit harten und ungerechten Worten, als der stolze Frei-
herr schroff und leidenschaftlich auf der Beseitigung des Cabinets bestand.
Richtiger verstand Hardenberg den König zu behandeln. Sein Freimuth,
der immer in liebevollen, ruhigen Formen blieb, drang endlich durch, und
am 26. April 1807 vollzog sich in aller Stille eine Verfassungsveränderung,
die folgenreichste, welche der alte Absolutismus seit den Zeiten Friedrich
Wilhelm's I. erlebt hatte. Die Cabinetsregierung wurde aufgehoben,
Hardenberg als erster Minister mit der Leitung der auswärtigen An-
gelegenheiten sowie aller mit dem Kriege zusammenhängenden Geschäfte
beauftragt.
Die Lage der Verbündeten blieb auch nach dem halben Erfolg von
Eylau schwer bedrängt. So erfolgreich der zäheste Gegner Napoleon's
auf den Meeren kämpfte, in der Behandlung der festländischen Dinge
zeigte Englands Handelspolitik nach wie vor ein Ungeschick, das bereits
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