Die patriotische Dichtung. 435
Freudig wie die Signale der Flügelhörner tönten Fouqué's Verse:
„Frischauf zum fröhlichen Jagen!“ — und in Arndt's Liede: „Was blasen
die Trompeten? Husaren heraus!“ klang das schmetternde Marsch! Marsch!
der deutschen Reiter wieder. Keiner hat den Sinn und Ton jener
schwärmerischen Jugend glücklicher getroffen als der ritterliche Jüngling
mit der Leier und dem Schwerte, Theodor Körner. Jetzt zeigte sich erst
ganz, was Schiller's Muse den Deutschen war. Ihr hohes sittliches
Pathos setzte sich um in patriotische Leidenschaft, ihre schwungvolle Rhe-
torik ward das natürliche Vorbild für die Jünglingspoesie dieses Krieges.
Der Sohn von Schiller's Herzensfreunde erschien dem jungen Geschlechte
als der Erbe des großen Dichters — wie er so siegesfroh mit den
Lützower Jägern in den Kampf hinausritt, ganz durchglüht von deutschem
Freiheitsmuthe, ganz unberührt von den kleinen Sorgen des Lebens,
wie er auf jeder Rast und jeder Beiwacht seine feurigen Lieder von der
Herrlichkeit des Krieges dichtete und endlich, den Sang von der Eisen-
braut noch auf den Lippen, durch einen tapferen Reitertod den heiligen
Ernst seiner Reden bezeugte — in Wort und That ein rechter Vertreter
jener warmherzigen Männlichkeit, welche die begabten Obersachsen aus-
zeichnet, wenn sie sich nur erst losgerissen haben aus der zahmen Schüch-
ternheit ihres heimathlichen Lebens.
Frisch auf, mein Volk, die Flammenzeichen rauchen!
Hell aus dem Norden bricht der Freiheit Licht —
mit diesen Worten hat Körner selbst den Ursprung und Charakter der
großen Bewegung geschildert. Sie blieb durchaus auf den deutschen
korden beschränkt. Wohl war die Lützow'sche Freischaar ausdrücklich zur
Aufnahme von Nicht-Preußen bestimmt, in ihr sollte sich der Gedanke
der Einheit Deutschlands verkörpern. Mancher junge Mann aus den
Kleinstaaten meldete sich im „Scepter“ zu Breslau, wo die Lützower ihren
Werbeplatz aufgeschlagen hatten; auch zwei süddeutsche Poeten, Rückert
und Uhland, stimmten mit ein in den lauten Chor der patriotischen Dich-
tung. Die Masse des Volkes jedoch außerhalb Preußens empfand von dem
Heldenzorne dieses Krieges wenig. Stein's Hoffnungen auf eine ein-
müthige Erhebung der Nation erwiesen sich als irrig. Nur in den vor-
mals preußischen Provinzen und in einzelnen, unmittelbar von den
Napoleoniden beherrschten Strichen des Nordwestens stand das Volk frei-
willig auf, sobald die Heersäulen der Befreier nahten; überall sonst er-
wartete man geduldig den Befehl des Landesherrn und die Macht der
vollendeten Thatsachen. Die Mecklenburger und Anhaltischen Herzoge
schlossen sich den altbefreundeten preußischen Nachbarn an; ein Weimari-
sches Bataillon ließ sich gleich beim Anbruche des Krieges von den Preußen
gefangen nehmen, um nachher, wie die tapferen Strelitzer Husaren, in
das York'sche Corps einzutreten. Alle anderen Rheinbündner folgten dem
Befehle des Protectors, die meisten noch mit dem ganzen Feuereifer napo-
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