Napoleon und Metternich in Dresden. 469
sich der vollendete Weltmann mit stillbefriedigtem Lächeln, dieser un—
bändig polternde Allgewaltige sei doch nur ein Plebejer. Trotzdem
trennte man sich zuletzt mit der Zusage, daß ein förmlicher Friedenscon—
greß in Prag zusammentreten, der Ablauf des Waffenstillstandes aber vom
20. Juli auf den 10. August hinausgeschoben werden solle. Napoleon
hatte seine Rüstungen noch nicht beendet, und auch die Hofburg hieß jede
Vertagung willkommen, da ihr Heer sich noch in unfertigem Zustande befand.
Darauf neue peinliche Erwägungen im Hauptquartiere der Alliirten,
denen weder der Congreß noch die Verlängerung der Waffenruhe gelegen
kam. Am 4. Juli traf Hardenberg mit Nesselrode, Metternich und Sta-
dion im Schlosse Ratiborschitz zusammen. Es entspann sich eine lange
stürmische Verhandlung; Nesselrode gesteht, daß er im ganzen Verlaufe
seiner langen diplomatischen Laufbahn kaum je einer bewegteren Sitzung
beigewohnt habe. Die Allürten legten schließlich die Leitung der Prager
Verhandlungen vertrauensvoll in Oesterreichs Hände, da Metternich drohte,
sein Kaiser werde sonst vielleicht in bewaffneter Neutralität verharren; aber
sie erklärten zugleich ihren festen Entschluß den Krieg im äußersten Falle
auch ohne Oesterreich fortzusetzen. Damit war Oesterreichs Eintritt in den
Kampf nahezu entschieden. Denn offenbar konnten Metternich's Pläne
nur gelingen, wenn er sich von den Verbündeten nicht gänzlich trennte;
wurden die Waffen wieder aufgenommen und der österreichische Hof blieb
neutral, so mußte er fürchten von den Früchten der Siege der Coalition
ausgeschlossen, doch in die Folgen ihrer Niederlagen mit verwickelt zu
werden. Eine politische Nothwendigkeit, die stärker war als eines Men-
schen Wille, drängte den Wiener Hof aus seiner zuwartenden Haltung
heraus. Gleichwohl kehrten noch im Juli, ja bis zur Stunde der letzten
Entscheidung bange Augenblicke des Zweifels wieder. Im preußischen
Hauptquartiere sprach Ancillon nach seiner kleinmüthigen Weise für den
Frieden, und Knesebeck führte in einer Denkschrift?) aus: auf die Auf-
lösung des Rheinbundes sei für jetzt nicht zu hoffen, der preußische Staat
könne aber zur Noth auch ohne Magdeburg bestehen, wenn er nur auf
dem rechten Elbufer durch Mecklenburg und Schwedisch-Pommern wohl
abgerundet würde und eine feste Position an der Weichsel erhielte! Der
König selbst dachte muthiger, hielt dem Kaiser Franz in einem eigen-
händigen Briefe vor: der preußische Staat müsse in Deutschland erheblich
vergrößert werden, wenn Oesterreich an ihm einen starken und zuver-
lässigen Nachbar haben wolle.
Währenddem ward man auch mit Schweden endlich handelseinig.
Da Dänemark wieder förmlich zu dem französischen Bündniß zurückkehrte,
so fielen Friedrich Wilhelm's Bedenken hinweg, und er verbürgte durch
den Vertrag vom 22. Juli der Krone Schweden, die nunmehr dem Kali-
*) Die Abschrift, die mir vorlag, trägt kein Datum. Das Memeoire kann aber,
nach Form und Inhalt, nur während des Waffenstillstandes geschrieben sein.