Schlacht von Dresden. 485
Offizier, der droben auf dem Kreuzthurme das weite Schlachtfeld wie
einen Teppich zu seinen Füßen liegen sah, meldete pünktlich den Anmarsch
jedes Truppentheiles der Verbündeten. Im Kriegsrathe der Monarchen
erregte die Nachricht, daß der Unüberwindliche selber zur Stelle sei, Klein—
muth und Schrecken: die gelehrten Kriegskünstler des österreichischen Haupt-
quartiers dachten schon ohne Schlacht abzuziehen, nur der entschiedene
Widerspruch des Königs von Preußen zwang sie den Angriff zu wagen.
Statt seine beste Kraft auf dem linken Flügel zu versammeln und mit
ihr in die unbefestigte Friedrichsstadt einzubrechen ließ Schwarzenberg
das Centrum und den rechten Flügel gegen die Vorstädte der Altstadt
vorgehen, wo einige Festungswerke an den Thoren sowie die hohen
Gartenmauern der Paläste und Landhäuser dem Vertheidiger die Arbeit
erleichterten. Nach blutigen aber völlig planlosen Kämpfen erstürmten die
Oesterreicher im Centrum die Lunette am Falkenschlage, auf dem rechten
Flügel besetzte Kleist mit seinen Preußen den Großen Garten dicht vor
den Stadtthoren und versuchte von da in die Stadt selbst einzudringen,
unsanft empfangen von den Geschützen, die hinter den gefährlichen Mauer-
lücken der Rococo-Gärten, den Aha's, verdeckt standen. Der Abend kam,
Napoleon fühlte sich jetzt stark genug selber zum Angriff zu schreiten, ließ
plötzlich aus allen Thoren zugleich gewaltige Massen frischer Truppen
vorbrechen, entriß den Verbündeten die wenigen Stellen der Stadt, wo
sie bereits Fuß gefaßt, und drängte sie schließlich auf ihrer ganzen Linie
bis in die Dörfer an den Höhen zurück. Der Angriff war abgeschlagen.
Verwirrung und Enttäuschung herrschten im großen Hauptquartiere,
als während der Nacht noch die unheimliche Kunde eintraf, daß die große
Armee bereits im Rücken bedroht sei. Tausende sächsischer Landleute hatten
während der jüngsten Monate an einem breiten Kanonenweg arbeiten
müssen, der auf dem rechten Elbufer über den Ziegenrücken mitten durch die
Felsen der sächsischen Schweiz führte, unter den Kanonen des Königsteins
den Fluß überbrückte und jenseits in die große Teplitzer Straße ein-
mündete. Auf diesem Wege eilte jetzt das Corps Vandamme's, gegen
40,000 Mann herbei, den Verbündeten den Rückzug zu verlegen. In
solcher Lage schien dem Kriegsrathe ein Sieg unmöglich; man erneuerte
die Schlacht am Morgen des 27. nur um sich einen gesicherten Abzug
zu erkämpfen. Selbst dieser bescheidene Zweck ward verfehlt. Während
der rechte Flügel der Alliirten im Verlaufe des Tages langsam von dem
Flusse und der Teplitzer Straße abgedrängt wurde, erlitt der linke eine
schwere Niederlage. Die Oesterreicher dort standen auf den Höhen zwischen
der Elbe und dem Plauenschen Grunde; sie waren rechts durch den tiefen
Einschnitt dieses steil abfallenden Felsengrundes von der übrigen Armee
getrennt und hatten versäumt ihre Posten links bis dicht an den Fluß
heranzuschieben. So konnte denn Murat, von ortskundigen sächsischen
Offizieren geleitet, eine gewaltige Reitermasse durch die Hohlwege, die vom