Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Schlacht von Dresden. 485 
Offizier, der droben auf dem Kreuzthurme das weite Schlachtfeld wie 
einen Teppich zu seinen Füßen liegen sah, meldete pünktlich den Anmarsch 
jedes Truppentheiles der Verbündeten. Im Kriegsrathe der Monarchen 
erregte die Nachricht, daß der Unüberwindliche selber zur Stelle sei, Klein— 
muth und Schrecken: die gelehrten Kriegskünstler des österreichischen Haupt- 
quartiers dachten schon ohne Schlacht abzuziehen, nur der entschiedene 
Widerspruch des Königs von Preußen zwang sie den Angriff zu wagen. 
Statt seine beste Kraft auf dem linken Flügel zu versammeln und mit 
ihr in die unbefestigte Friedrichsstadt einzubrechen ließ Schwarzenberg 
das Centrum und den rechten Flügel gegen die Vorstädte der Altstadt 
vorgehen, wo einige Festungswerke an den Thoren sowie die hohen 
Gartenmauern der Paläste und Landhäuser dem Vertheidiger die Arbeit 
erleichterten. Nach blutigen aber völlig planlosen Kämpfen erstürmten die 
Oesterreicher im Centrum die Lunette am Falkenschlage, auf dem rechten 
Flügel besetzte Kleist mit seinen Preußen den Großen Garten dicht vor 
den Stadtthoren und versuchte von da in die Stadt selbst einzudringen, 
unsanft empfangen von den Geschützen, die hinter den gefährlichen Mauer- 
lücken der Rococo-Gärten, den Aha's, verdeckt standen. Der Abend kam, 
Napoleon fühlte sich jetzt stark genug selber zum Angriff zu schreiten, ließ 
plötzlich aus allen Thoren zugleich gewaltige Massen frischer Truppen 
vorbrechen, entriß den Verbündeten die wenigen Stellen der Stadt, wo 
sie bereits Fuß gefaßt, und drängte sie schließlich auf ihrer ganzen Linie 
bis in die Dörfer an den Höhen zurück. Der Angriff war abgeschlagen. 
Verwirrung und Enttäuschung herrschten im großen Hauptquartiere, 
als während der Nacht noch die unheimliche Kunde eintraf, daß die große 
Armee bereits im Rücken bedroht sei. Tausende sächsischer Landleute hatten 
während der jüngsten Monate an einem breiten Kanonenweg arbeiten 
müssen, der auf dem rechten Elbufer über den Ziegenrücken mitten durch die 
Felsen der sächsischen Schweiz führte, unter den Kanonen des Königsteins 
den Fluß überbrückte und jenseits in die große Teplitzer Straße ein- 
mündete. Auf diesem Wege eilte jetzt das Corps Vandamme's, gegen 
40,000 Mann herbei, den Verbündeten den Rückzug zu verlegen. In 
solcher Lage schien dem Kriegsrathe ein Sieg unmöglich; man erneuerte 
die Schlacht am Morgen des 27. nur um sich einen gesicherten Abzug 
zu erkämpfen. Selbst dieser bescheidene Zweck ward verfehlt. Während 
der rechte Flügel der Alliirten im Verlaufe des Tages langsam von dem 
Flusse und der Teplitzer Straße abgedrängt wurde, erlitt der linke eine 
schwere Niederlage. Die Oesterreicher dort standen auf den Höhen zwischen 
der Elbe und dem Plauenschen Grunde; sie waren rechts durch den tiefen 
Einschnitt dieses steil abfallenden Felsengrundes von der übrigen Armee 
getrennt und hatten versäumt ihre Posten links bis dicht an den Fluß 
heranzuschieben. So konnte denn Murat, von ortskundigen sächsischen 
Offizieren geleitet, eine gewaltige Reitermasse durch die Hohlwege, die vom
	        
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