572 I. 5. Ende der Kriegszeit.
stimmt gerechnet, war doch schon im Jahre 1799 die Secularisation des
Patrimonium Petri von Thugut in vollem Ernst geplant worden. Met-
ternich übergab dem englischen Cabinet einen feierlichen, auf die naive
Unwissenheit der Torys berechneten Protest, erinnerte die Briten an die
im vorigen Sommer zu Prag gegebenen Versprechungen und verwahrte
die unbestreitbaren Rechte auf den Kirchenstaat, welche das Haus Oester-
reich als König der Römer sowie als erblicher Kaiser und Oberhaupt des
deutschen Reichskörpers besitze. Immerhin waren Oesterreichs wesentliche
Ziele erreicht; sein italienischer Besitz hatte sich vervierfacht, seine Vettern
hausten wieder in Florenz und Modena, die Halbinsel lag jederzeit seinen
Waffen offen. Ganz Italien, allein Piemont ausgenommen, stand fortan
unter fremden Herrschern, die mit der Hofburg durch eine natürliche
Interessengemeinschaft verbunden waren. Der gefährliche Name des König-
reichs Italien wurde sofort beseitigt, das Vaterland Machhiavelli's sollte
nicht mehr sein als ein Familiengut der Sippe des Hauses Oesterreich.
Darum durften auch die altehrwürdigen Republiken Venedig und Genua
nicht wieder aufleben; wie leicht hätte der durch Napoleon wieder erweckte
Nationalgeist der Italiener hier eine Zuflucht finden können.
Ohnehin war dies Zeitalter der beginnenden Restauration allen Re-
publiken ungünstig; wo kein Prinz auftrat, der ein Erbrecht von Gottes
Gnaden geltend machte, da schien überhaupt kein Recht vorhanden zu sein.
Das neue Staatensystem Europas trug durchaus den Charakter eines
großen Fürstenbundes, und immer stärker ward in dieser monarchischen
Staatengesellschaft der Einfluß der fünf großen Mächte. Sie allein hatten
den Pariser Friedensschluß beschickt. Nur der Form halber gestatteten
sie nachher den drei Staaten Spanien, Portugal und Schweden auch
ihrerseits Frieden mit Frankreich zu schließen, so daß die huit puissances
signatrices gleichsam einen weiteren Ausschuß der Pentarchie bildeten.
Ueber das Schicksal der Schweiz ward entschieden ohne daß man die Eid-
genossenschaft auch nur befragt hätte.
Mit der üblichen officiellen Glückseligkeit benachrichtigte der Staats-
kanzler den in Berlin zurückgebliebenen Minister des Auswärtigen, Graf
Goltz, von dem Abschlusse des Friedens, worauf Goltz allen Diplomaten
Preußens in einem Rundschreiben versicherte: wir können uns der ge-
wissen Erwartung hingeben, unsere Wünsche für den Glanz und die
Macht Preußens vollständig erfüllt zu sehen.) In Wahrheit war die
Stimmung der leitenden Kreise besorgt und gedrückt. Die Generale zürnten
laut über die noch immer völlig ungesicherte Lage der Monarchie. Gnei-
senau schrieb dem Staatskanzler, ohne Mainz und Jülich sei Preußen
schlechterdings nicht im Stande die deutsche Westgrenze zu decken. Müff-
ling erzählte, wie Wrede bereits triumphirend von der künftigen Bundes-
*) Hardenberg an Goltz, 31. Mai. Goltz an die Gesandten, 8. Juni 1814.