Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

574 I. 5. Ende der Kriegszeit. 
mit Namen, Versen, Inschriften aller Art von der Hand guter Preußen, 
die dem sonderbaren Gefährt unterwegs ihren Willkommgruß mit auf die 
weite Reise gegeben. Es war die Victoria vom Brandenburger Thore. 
Wie oft hatten die Berliner Bürger, alle diese bösen Jahre über, in- 
grimmig aufgeblickt zu der langen Eisenstange auf dem Thore, woran 
einst die Quadriga befestigt gewesen; man erzählte gern, daß der Turn- 
vater Jahn einmal einen kleinen Teutonen geohrfeigt hatte, weil der Junge 
nicht zu sagen wußte, was er sich bei dem Anblick der Stange denken sollte. 
Die entführte Siegesgöttin erschien dem Volke wie das Symbol altpreu- 
hischer Ehre; nun hatte man sie wieder nach ehrlichem Kampfe und Alles 
war in Ordnung. 
Aehnliche Auftritte stürmischer Freude wiederholten sich überall. Als 
die Preußen durch das alte Thor von Hildburghausen einzogen, da sang 
Rückert: 
Niemals durchritten 
Hat Dich ein Heer 
Milder von Sitten, 
Tapf'rer von Speer. 
Wie athmete das unglückliche Hamburg wieder auf, das bis zum Friedens- 
schlusse in Davoust's harten Händen geblieben war. Dank der Barmherzig- 
keit des wackeren dänischen Obersten Buchwald hatten die aus der Stadt 
vertriebenen Tausende armer Leute freilich in Altona ein Unterkommen 
gefunden; ihrer fünfhundert waren doch der Noth erlegen und ruhten 
nun in dem unheimlichen Massengrabe auf dem Kirchhofe von Ottensen. 
Auch die aus der Bank geraubten Millionen kehrten nicht zurück, da die 
strenge Untersuchung, welche König Ludwig im Pariser Frieden versprach, 
natürlich kein Ergebniß hatte: den Deutschen gegenüber zeigten sich die 
Bourbonen durchaus als Napoleon's Erben, Treue und Glauben galt 
ihnen nichts. 
Aller Jubel der Daheimgebliebenen reichte doch nicht heran an das 
unsagbare Gefühl freudigen Stolzes, das den heimkehrenden Kriegern die 
Seele schwellte. Mit einer Herzlichkeit, wie sie das barsche alte frideri- 
cianische Heer nie gekannt, nahmen die Führer von ihren Truppen Ab- 
schied. „In jedem meiner bisherigen Waffenbrüder hoffe ich auch künftig 
einen Freund zu finden“ — schrieb der greise General Putlitz, als er am 
Rhein von seiner märkischen Landwehrbrigade schied, — „und Jeder von 
Ihnen, der mir Gelegenheit giebt ihm zu zeigen, daß ich der seinige bin, 
wird mir eine wahrhaftige Freude machen.“ Noch in Paris wurde die 
Auflösung der Jägerdetachements angeordnet. Sodann stellte die Cabi- 
netsordre vom 27. Mai 1814 die für die Dauer des Krieges aufgeho- 
benen Exemtionen von der Cantonspflicht wieder her, „nachdem der Zweck 
der großen Anstrengungen so glücklich erreicht ist,“ und befahl allen Be- 
amten und Lehrern die Rückkehr in ihre Aemter. Die Bedürfnisse des
	        
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