588 I. 5. Ende der Kriegszeit.
kann als zur Verstärkung Preußens beizutragen, ganz wie Preußen mit
großer Freude die Vergrößerung und Kräftigung Oesterreichs sehen
wird. Ich sehe mit Schmerz — und ich habe die Beweise dafür —
daß es noch sehr achtenswerthe Männer giebt, die von diesen großen
Wahrheiten noch nicht durchdrungen sind, sondern im Gegentheil nach
den politischen Ansichten des vergangenen Jahrhunderts denken und
handeln."“
Dann erklärt sich der Staatskanzler über Mainz: wir werden diesen
Platz niemals an Baiern ausliefern, auch die bairischen Ansprüche auf
Frankfurt und Hanau entschieden bekämpfen. Um Metternich zu über-
zeugen ward eine Denkschrift Knesebeck's beigefügt, die mit einem großen
Aufwande schwerfälliger militärischer Gelehrsamkeit den richtigen Satz be-
wies, daß Mainz für die Vertheidigung von Nord= und Mitteldeutschland
unentbehrlich sei. Fürst Metternich irrt, so fährt Hardenberg fort, wenn
er Baiern durch Gefälligkeit zu gewinnen hofft. „Er wird diesen Staat
nie zufrieden stellen. Diese werdende, unablässig ländergierige Macht ist,
ganz wie Württemberg, ein drohendes und schädliches Element in dem
System unserer deutschen Politik geworden. In diesem Systeme kann es
nach Lage der Umstände nur noch ein Ziel geben, wonach Oesterreich
und Preußen im eigenen und allgemeinen Interesse trachten müssen: die
Macht und den entscheidenden Einfluß zwischen den beiden Großmächten
zu theilen und diesen Einfluß gemeinsam, in vollkommenster Eintracht
auszuüben.“" Darum müssen auch die Länder des linken Rheinufers an
Oesterreich und Preußen kommen. „Dies ist unzweifelhaft das einzige
Mittel um die deutschen Staaten zweiten und dritten Ranges von unserem
Systeme abhängig zu machen und dasselbe zu sichern. Kleine Staaten
auf dem linken Ufer werden immer unter dem Einfluß Frankreichs stehen,
immer Ränke schmieden, unablässig das Gleichgewicht, das wir aufrichten
wollen, zu untergraben drohen."“
Kein Wort in diesen Zeilen, das nicht den Plänen Metternich's
in's Gesicht schlug, und doch wähnte Hardenberg mit dem Oesterreicher
wesentlich eines Sinnes zu sein. Völlig verblendet warf er sich dem
falschen Freunde in die Arme, führte den Staat einer beschämenden
Niederlage entgegen. Der König dachte anders, er verhehlte nicht, daß
er den Czaren noch immer als den besten Bundesgenossen Preußens an-
sehe, wofür ihn Hardenberg in seinen Tagebüchern mit gewohnter Un-
fehlbarkeit der pusillanimité beschuldigte. Nach seiner allzu schonenden
Weise ließ Friedrich Wilhelm den Staatskanzler vorläufig schalten, doch
er nahm sich vor den Bruch mit Rußland auf keinen Fall zu dulden,
und durch diesen rettenden Entschluß sollte er bald nachher den Staat
wieder in die Bahnen der nationalen Politik zurückführen. —
Währenddem schritt man rüstig an die Neuordnung der Verwaltung,
noch bevor die Grenzen des Staatsgebietes irgend fest standen. Der