Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Kriegsrüstungen. 653 
In Wahrheit begann man auf beiden Seiten bereits die Möglich— 
keit eines Krieges zu erwägen. Die Erbitterung im preußischen Volke 
stieg zusehends. Eine Adresse aus Berlin stellte dem Könige die Kräfte 
des Landes für den gerechten Kampf zur Verfügung, und Stägemann 
sang zürnend: 
Die Fahne Brandenburgs, mein Lied, 
Die schwinge noch einmal, 
Und noch einmal erzürnt Gemüth, 
Ergreif' den tapfern Stahl! ... 
Die Hunde Frankreichs, noch nicht heil 
Von Wunden uns'rer Jagd — 
Auf, Kugelblitz, auf, Lanzenpfeil! — 
Die Hunde wollen Schlacht! 
Man erfuhr durch Goltz,') daß die französische Armee, auf Talley- 
rand's Antrag, in der Stille verstärkt wurde. Man hörte von dem Plane, 
die sächsischen Truppen, welche unter preußischem Oberbefehle nördlich der 
Mosel standen, im rechten Augenblicke mit den Baiern und Oesterreichern 
auf dem rechten Moselufer zu vereinigen. Unter den k. k. Generalen 
zeigte Schwarzenberg die froheste Siegeszuversicht; hatte er doch im letzten 
Kriege die kleinen Köpfe Blücher's und Gneisenau's genugsam verachten 
gelernt. Am 16. December enthüllte Metternich dem Grafen Münster 
seine Absicht einen Deutschen Bund ohne Preußen zu bilden, falls Preußen 
die sächsischen Ansprüche nicht aufgebe; Oesterreich beanspruchte selbstver- 
ständlich nur die bescheidene Stellung des Ersten unter Gleichen. Der 
welfische Staatsmann begriff sofort: das bedeute den Krieg und die Auf- 
lösung des Congresses; er war zu Allem bereit, obwohl ihm Oesterreichs 
Herrschsucht und die ungünstige geographische Lage Hannovers einige 
Sorgen bereiteten, und verlangte von England die Verlängerung des 
Subsidienvertrages, damit das Welfenheer gerüstet würde. 
Der preußische Kriegsminister traf sofort seine Anstalten für die 
Gegenwehr. Am 26. December übersendete Grolman den mit Boyen, 
Gneisenau und Schöler verabredeten Kriegsplan:*) zwei große Armeen 
in Sachsen und am Rhein sollten nach der guten fridericianischen Weise 
den Feldzug gleichzeitig durch eine kühne Offensive eröffnen, während ein 
Observationscorps Schlesien deckte. So bedrohlich erschien die Lage, daß 
man über alle Bedenken der militärischen Rangordnung hinwegsah und 
zu Feldherren der beiden Heere Blücher und Gneisenau vorschlug; neben 
diesen komme nur noch Bülow in Betracht, da York, Kleist und Tauentzien 
doch nur treffliche Corpsführer seien. Oberst Krauseneck, der in Mainz 
unter dem österreichischen Gouverneur Frimont die preußische Garnison 
befehligte, erhielt Auftrag, sich sofort auf gegebenen Wink der Festungs- 
*) Goltz's Berichte aus Paris, 24. Nov. 19. Dec. 1814. 
**) Grolman an Hardenberg, 29. Dec. 1814 mit einer Denkschrift über den Ope- 
rationsplan. 
 
	        
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