Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

Der Friede und der Vierbund vom 20. November. 791 
— und England. Während der Prinzregent als Beherrscher von Hannover 
willig unterzeichnete, erklärte Castlereagh in einer bissigen Rede: das 
Parlament bestehe aus praktischen Staatsmännern und könne daher wohl 
einen Staatsvertrag genehmigen, doch nicht eine Erklärung von Grund— 
sätzen, welche den englischen Staat in die Zeiten Cromwell's und der 
Rundköpfe zurückschleudern würden. Der wahre Beweggrund der Hoch- 
torys war aber nicht die Rücksicht auf das Parlament, mit dem sie schon 
fertig zu werden verstanden, sondern das Mißtrauen gegen Rußland und 
die Sorge für den Sultan, der in der That durch den Abschluß der 
heiligen Allianz lebhaft beunruhigt wurde. Die wunderliche Episode ist 
nicht ohne culturhistorisches Interesse, da sich die romantischen Stimmungen 
und das lebendige europäische Gemeingefühl des Zeitalters darin wider- 
spiegeln. Eine politische Bedeutung dagegen hat der heilige Bund nie 
gehabt; sie ward ihm nur angedichtet durch die Oppositionspresse aller 
Länder, die sich bald gewöhnte von „dem System der heiligen Allianz“ zu 
sprechen und ihre Anklagen gegen die Politik der Ostmächte an diese 
imaginäre Adresse richtete. 
Am 20. November ward endlich der Frieden unterzeichnet. Aber 
auch dieser Vertrag brachte den Deutschen noch nicht den endgiltigen 
Abschluß ihrer inneren Gebietsstreitigkeiten. Landau ward an Oester- 
reich und von diesem an Baiern abgetreten, doch damit war den For- 
derungen der Wittelsbacher noch nicht Genüge geleistet. Da Oesterreich 
die Wiedererwerbung des Elsasses verschmäht und also das einfachste 
Mittel zur gänzlichen Befriedigung des Münchener Hofes aufgegeben hatte, 
so ließ sich Metternich, um doch ein Unterhandlungsmittel in den Händen zu 
haben, von den großen Mächten den dereinstigen „Heimfall“ des Breis- 
gaus und der badischen Pfalz zusichern — eine völlig rechtswidrige Ver- 
abredung — und der unselige Gebietsstreit zwischen Baiern und Oester- 
reich blieb vorläufig unerledigt. Glücklicher war England. Außer der 
Abschaffung des Negerhandels, die dem britischen Volke bereits zu einem 
Gegenstande der nationalen Eitelkeit, des allgemeinen Sports geworden 
war, erlangten die Torys auch die Schirmherrschaft über die ionischen 
Inseln; die mediterranische Machtstellung des Inselreichs war nunmehr 
fester denn je begründet. Frankreich mußte, je nach seinem Wohlverhalten, 
drei bis fünf Jahre lang die militärische Besetzung seiner Nordostprovinzen 
ertragen und 700 Mill. Kriegsentschädigung zahlen. 500 Mill. wurden 
zu je einem Fünftel unter die vier Großmächte und die Gesammtheit 
der Kleinstaaten vertheilt; England und Preußen erhielten außerdem 
noch je 25 Mill. für die Einnahme von Paris. Der Rest ward für 
die Befestigung der an Frankreich angrenzenden Landstriche bestimmt, der- 
gestalt daß Baiern 15 Mill., der Deutsche Bund 25 Mill. für die rheini- 
schen Festungen erhielt; Preußen mußte sich mit 20 Mill. begnügen, da 
ihm Saarlouis und das Besatzungsrecht in Luxemburg abgetreten wurde.
	        
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