168 II. 4. Die Eröffnung des Deutschen Bundestages.
geblich liberale Verfassungsentwürfe vorgelegt. Da überfiel ihn im Herbst
1817 die Reue, und er beschloß beim Bunde Hilfe zu suchen gegen seinen
eigenen Liberalismus. Seine Gesandten Wangenheim in Frankfurt und
Wintzingerode in Wien erhielten den Auftrag, um authentische Interpre—
tation des Art. 13 von Bundeswegen zu bitten, „damit allen übertriebenen
Anforderungen eine feste und unerschütterliche Schranke gesetzt werde.“
Natürlich durften die beiden den wahren Grund der Bitte nicht verraten.
Der König, so versicherten sie, sei durch sein Wort gebunden, jedoch die
unruhige Stimmung in Preußen und den Nachbarlanden Württembergs
bedürfe eines Zügels, und — fügte der plauderhafte Wangenheim harm—
los hinzu — die württembergischen Verfassungspläne drohten für ganz
Deutschland ein verhängnisvolles Beispiel zu werden.“) Der Vorschlag
fand aber bei den Bundesgesandten eine so kühle Aufnahme, daß Wangen—
heim sich dazu verstehen mußte, seinen Antrag, den er in einer vertrau—
lichen Sitzung (18. Dez.) gestellt, nicht zu Protokoll zu geben. In Wien
war Wintzingerode nicht glücklicher. Metternich äußerte zwar in vertrau-
licher Unterredung, die landständischen Verfassungen des Art. 13 hätten
nichts gemein mit der revolutionären Idee einer allgemeinen Volksver-
tretung, und verriet also schon jetzt einen Lieblingsgedanken seiner Politik,
der in der deutschen Politik noch argen Unfrieden stiften sollte; aber eine
Einwirkung des Bundes auf die ständischen Angelegenheiten schien ihm
unmöglich, schon aus Rücksicht auf Preußen und Bayern. Der Anschlag
König Wilhelms war mißlungen, doch er blieb in Wien unvergessen. Metter-
nich hatte erfahren, wie wenig nachhaltiger Widerstand von den kleinen
Kronen zu erwarten war, falls man sich einmal entschlösse, die Macht des
Bundes gegen die Landtage zu wenden. Der konstitutionelle König, den
die unschuldige Presse als den Helden des Liberalismus feierte, wies der
Hofburg selber zuerst den Weg zur Unterdrückung deutscher Freiheit.
Inzwischen kam der leidige Art. 13 in Frankfurt doch noch einmal
zur Sprache, da auch die mecklenburgischen Herzöge die Bürgschaft des
Bundes verlangten für ein Verfassungsgesetz, das zur Ergänzung ihres
altehrwürdigen Erbvergleichs dienen sollte. Bei dieser Verhandlung be-
richtete Graf Goltz, auf Hardenbergs Befehl, ausführlich, was in Preußen
bisher geschehen war, um das Verfassungsversprechen zu erfüllen; er wider-
riet die Regelung der ständischen Angelegenheiten durch die Bundesver-
sammlung, welche doch „nur allgemeine Sätze aufstellen“ könne, beantragte
jedoch, daß die Einzelstaaten dem Bundestag über den Stand ihrer Ver-
fassungsarbeiten binnen Jahresfrist wieder Bericht erstatten sollten. König
Friedrich Wilhelm war über dies Vorgehen seines Staatskanzlers anfangs
*) Berckheims Berichte vom 18., 23., 30. Novbr., 13., 29. Dezbr. 1817, voll-
ständig übereinstimmend mit den Mitteilungen, welche Graf W. Wintzingerode (Graf
E. L. Wintzingerode, ein württembergischer Staatsmann, Gotha 1866, S. 31 ff.) aus
württembergischen Aktenstücken gibt.