Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

252 II. 5. Die Wiederherstellung des preußischen Staates. 
schen Staate. Als die Preußen in Greifswald einzogen, sang der Poet 
des Landes, Kosegarten wehmütig: 
Ja, unter den drei Kronen 
Ließ es sich ruhig wohnen — 
und allerdings, die Strenge der monarchischen Gerechtigkeit war dieser 
Kornkammer des armen Schwedenreichs, die nur 60,296 Taler Gold an 
direkten Steuern zahlte, bisher ganz unbekannt gewesen. Während im 
preußischen Pommern der Bauer durch die starke Hand des Königtums 
geschützt wurde, hatten hier die Krone, der Adel, die Universität und die 
Patriziate der reichen Städte fast die gesamte Bauerschaft ausgekauft 
und, ähnlich wie im nahen Mecklenburg, ein bequemes oligarchisches Re— 
giment eingerichtet. Als im Westfälischen Frieden die Mündungen der 
Weser, Elbe und Oder an die Krone Schweden kamen, errichtete sie in Pom— 
mern die höchsten Amter für ihre sämtlichen deutschen Provinzen, und 
die fetten Pfründen dieser für eine Million Untertanen bestimmten Be— 
hörden, ein willkommener Unterschlupf für die Söhne der guten Familien, 
bestanden nach anderthalb Jahrhunderten unverändert fort, als nur noch 
die hunderttausend Deutschen zwischen der Peene und der Ostsee zu Schwe— 
den gehörten. Geringschätzig blickte der Adel auf seine preußischen Stan— 
desgenossen herab; hingen doch seine Wappen im Ritterhause zu Stock— 
holm neben den Schildern der Torstenson und Oxenstierna. Breit und 
behäbig lebte die Universität Greifswald der Verwaltung ihrer großen Güter, 
nur alle zwanzig Jahre einmal durch eine königliche Visitation gestört; 
von den akademischen Instituten der reichsten deutschen Hochschule stand 
freilich nur eines, die Reitbahn, in gutem Rufe. Das stolze Stralsund 
hatte sich mit der Pracht seiner Kirchen, Rathäuser und Beginenhöfe 
auch die alte hansische Freiheit treu bewahrt und beherrschte unumschränkt 
ein Gebiet von mehr als hundert Ortschaften. Behutsam traten die preu- 
Hischen Behörden an dies zähe Sonderleben heran. Die meisten der alten 
Amter wurden trotz der Proteste des Adels beseitigt, nur das Greifs- 
walder Hohe Tribunal blieb als bescheidenes Appellationsgericht bestehen; 
Stralsund und die anderen größeren Städte behielten ihre alte Ver- 
fassung, doch mußten sie, nach wiederholter Verwahrung, dem preußischen 
Kreisverbande sich einfügen. Nach zweijährigem Zögern wagte man auch 
das neue Zollgesetz einzuführen. Sicher und stetig vollzog sich die Ver- 
schmelzung. Die Mehrzahl der Pächter und Gutsuntertanen, nament- 
lich auf Rügen, hatte von Haus aus das Mißtrauen der privilegierten 
Klassen nicht geteilt und freute sich bei den neuen Behörden einigen 
Schutz gegen die Willkür der Grundherren zu finden.) 
  
*) Promemoria über die Reorganisation von Neuvorpommern, von Karl Schneider 
in Bergen, 3. Dez. 1815. Eingabe der Abgeordneten des Bauernstandes, Pächter Arndt 
und Schulze Lüders, an den König, 20. Juli 1816. — Bittschrift von Bürgermeister 
und Rat von Stralsund an den Staatskanzler, 12. September 1816.
	        
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