König Max Joseph. 333
bewußte Unwahrheit verpfändete.“) Der rege Verkehr mit dem Protektor
des Rheinbundes war durch die Umstände geboten; schimpflich ward er erst
durch die Liebedienerei des Königs, der, oftmals ohne einer Antwort ge—
würdigt zu werden, den Imperator mit untertänigen Briefen überschüttete,
ihm weit öfter als nötig war persönlich aufwartete, ihn sogar bei den
Heiratsangelegenheiten der königlichen Prinzen um seine Befehle bat und
den Werkzeugen Napoleons, den Herzögen von Bassano und Cadore jedes
geforderte Trinkgeld unweigerlich gewährte. Dieselbe unkönigliche Haltung
zeigte der furchtsame Fürst späterhin, als der Streit um die badische
Pfalz begann, gegenüber dem Zaren Alexander.
Den Regierungsgeschäften widmete er sich mit achtungswertem Fleiße;
man hielt ihn für müssiger als er war, weil er seine freien Stunden so
gern auf der Straße verbrachte. Aber alle Ordnung war ihm lästig,
und da er nur die oberflächliche Bildung eines altfranzösischen Offiziers
besaß, so ward er bald abhängig von der überlegenen Sachkenntnis der
Minister und des gewandten Kabinettssekretärs Ringel. Selbst vom Heer—
wesen verstand er wenig, am Abend seines Lebens erschien er nur noch
selten unter seinen Truppen und ließ die Kriegstüchtigkeit des Heeres, das
sich unter Napoleons Führung so trefflich bewährt hatte, im Frieden rasch
verfallen. Dieser unmilitärische Sinn blieb seitdem ein Erbteil aller
bayrischen Könige und sollte dem Staate dereinst noch verhängnisvoll werden.
Leicht bestimmbar, abhängig von den Eindrücken des Augenblicks hielt
Max Joseph doch zwei politische Grundsätze unverbrüchlich fest: er war
als geborner Pfälzer so tief überzeugt von der Unhaltbarkeit der alt-
bayrischen Zustände, daß er im Notfall auch vor radikalen Reformen
nicht zurückschrak, und er haßte aus Herzensgrund die Herrschsucht des
Pfaffentums. Hier lag seine Stärke: wenn er die norddeutschen Ge-
lehrten in München gegen den bigotten Pöbelwahn beschützte, dann zeigte
er eine ganz ungewohnte Festigkeit. Er wußte, was es bedeutete, daß sein
Haus jetzt 1,200,000 protestantische Untertanen beherrschte; sie sollten
fühlen, daß sie einem gerechten Staate angehörten. Er freute sich in ge-
mischter Ehe zu leben, und es bleibt sein historischer Ruhm, daß er
diesen Geist duldsamer Milde seinen Kindern und Enkeln vermachte. In
drei Generationen hat das Land seitdem nur protestantische Königinnen
gesehen, und trotz wiederholter Kämpfe und Rückschläge ist der deutsche
Gedanke der kirchlichen Parität, den der gute König Max seinem wider-
strebenden Volke auferlegte, dem bayrischen Staate nicht wieder verloren
gegangen.
Seit dem Rieder Vertrage war die Stellung des allmächtigen Mi-
nisters Montgelas etwas erschüttert. Die verbündeten Monarchen be-
trachteten den ersten Staatsmann des Rheinbundes mit begreiflichem Miß-
*) S. I. 221.