Eugen Beauharnais. Kronprinz Ludwig. 339
In der Hofgesellschaft, die noch mit Vorliebe französisch sprach, ge—
wann der Bonapartismus neuen Anhang, seit der Schwiegersohn Max
Josephs, Eugen Beauharnais als königlicher Prinz und Herzog von
Leuchtenberg in München Hof hielt und eine Schar unzufriedener Fran-
zosen um sich versammelte. Der Liebenswürdigste der Napoleoniden ge-
wann sich bald die Herzen der Bürgerschaft und arbeitete in emsiger
geheimer Tätigkeit für die Herstellung des Kaiserreichs. Sein Adjutant
General Bataille unterhielt den Verkehr mit den Bonapartisten in Mai-
land.") Der Polizeidirektor aber drückte beide Augen zu, auch viele Post-
beamte zählten zu den Vertrauten des Leuchtenbergischen Palastes. Nach-
her fand auch Eugens Schwester Hortense, die vormalige Königin von
Holland, mit ihren beiden Söhnen in Augsburg eine Zuflucht, spielte mit
bezaubernder Anmut die Rolle der bürgerfreundlichen Fürstin und wob
noch eifriger als der Bruder an den Fäden der napoleonischen Verschwö-
rung. Unbekümmert um die dringenden Warnungen der beiden deutschen
Großmächte ließ der König seinen Liebling Eugen gewähren. Bayern blieb
noch jahrelang das Nest des deutschen Bonapartismus.
Niemand litt unter diesen unwahren Verhältnissen schwerer als die
hochherzige Königin Karoline und ihr Stiefsohn der Thronfolger. Beide
hatten im Jahre 1813 bei der glücklichen Wendung der Münchener Po-
litik redlich mitgeholfen und sahen nun mit Besorgnis, daß ein ehrliches
Verhältnis zu dem neuen Deutschen Bunde unmöglich blieb, so lange
dieser Unberechenbare am Steuer stand. In dem erregbaren Gemüte
des Kronprinzen lag eine grundehrliche Schwärmerei für Deutschlands
Größe unvermittelt neben einem ebenso phantastischen großbayrischen Macht-
dünkel. Zu Straßburg geboren hatte der Prinz nachher im Exil viel
mit elsassischen Emigranten verkehrt, die Franzosen und ihre Revolution
schon in jungen Jahren hassen gelernt. Sein ganzes Leben seitdem
war ein beständiger Kampf gegen die französische Politik des Vaters.
Nach der Austerlitzer Schlacht mußte er in seiner Geburtsstadt die Sieges-
feste der Kaiserin Josephine mit ansehen und sagte mit seiner gewohnten
ehrlichen Rücksichtslosigkeit: „das sollte mir die liebste Siegesfeier sein,
wenn meine Heimat wieder eine deutsche Stadt würde.“ Als er ein Jahr
darauf an der Weichsel gegen die Preußen und Russen focht, faßte er
schon den Plan, den großen Männern seines Vaterlandes eine prächtige
Walhalla zu errichten und forderte die Teutschen in stolpernden Versen
auf, die Ketten des Korsen zu sprengen. Nur sehr selten hatte er vor
dem gewaltigen Imperator seinen deutschen Stolz verleugnet. In Montgelas
sah er nur den Frohnvogt des fremden Zwingherrn; er hatte seines
Widerwillens kein Hehl, behandelte seinen Schwager Eugen Beauharnais
öffentlich mit der äußersten Geringschätzung und ersehnte den Sturz des
*) Küsters Berichte, München 17. Mai, 20. August 1815 ff.
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