Montgelas' Sturz. 347
Da erfolgte plötzlich, zur allgemeinen Uberraschung des Landes,
der Sturz des Ministers. Im November 1816 war der König nach
Wien gereist um seine soeben mit dem Kaiser Franz vermählte Tochter
Karoline Auguste zu besuchen und auch die politische Freundschaft, die
seit den Salzburger Händeln arg gestört war, wiederherzustellen. Er
blieb dort fast ein Vierteljahr und ward mit Ehren überhäuft; aber
sobald er politische Fragen berührte, stieß er auf eine wohlberechnete Zu—
rückhaltung und mußte endlich einsehen, daß der Groll der Hofburg gegen
seinen Montgelas unversöhnlich blieb. Dieser Haß ward eben jetzt aufs
neue entfacht, da eine Depesche des französischen Gesandten Merch, die
über Montgelas' Verhalten im Herbst 1813 unerfreuliche Aufschlüsse bot,
in die Hände des Wiener Hofs geraten war. Vor dem preußischen Ge-
sandten gab sich Metternich freilich den Anschein, als ob er sich um diese
bayrischen Dinge nie bekümmert hätte. Als der König seine Anschläge gegen
Baden enthüllte, empfing er von dem Kaiser wie von Metternich nur
die trockene Zusage, sie würden seinen Absichten nicht entgegen sein. Und
selbst diese Verheißung war nicht ehrlich gemeint; denn gleichzeitig ließ
Metternich den preußischen Staatskanzler wissen, das Versprechen sei nur
als eine Abfindung (par manière d'acquit) gegeben und in der Uber-
zeugung, daß die bayrischen Pläne bald auf allen Seiten mächtigen Wider-
spruch finden würden.) Unterdessen erging sich die neue Kaiserin, eine
erklärte Freundin der Jesuiten, in lebhaften Anklagen wider den kirchen-
feindlichen Minister, der allein noch der guten Freundschaft der beiden
Höfe im Wege stand; die Diplomaten der Kurie halfen getreulich nach,
auch aus München liefen wiederholte Beschwerden von Seiten des Kron-
prinzen und des Feldmarschalls Wrede ein.
Verstimmt, aber noch keineswegs entschlossen kehrte der König am
1. Februar 1817 nach München zurück und ließ dem Minister auf den
nächsten Vormittag seinen Besuch ankündigen. Der Wagen war bereits
bestellt, die Unterredung konnte, nach früheren Erfahrungen, nur mit
einer neuen Versöhnung der beiden Freunde endigen. Da setzte der Kron-
prinz im letzten Augenblicke alle Hebel ein. Er war nach einer schweren
Krankheit noch an das Zimmer gefesselt und durfte gerade jetzt auf freund-
liches Gehör bei dem zärtlichen Vater rechnen. In einem beweglichen
Briefe stellte er noch einmal alle seine Klagen gegen den Hochmut und
die nachlässige Amtsführung des Ministers zusammen und erbat sich als
einen Beweis königlicher Gnade die Entlassung des unheilvollen Mannes.
Mit diesem Schreiben erschien Wrede am Vormittag des 2. Februar bei
dem Monarchen. Zitternd, in höchster Angst, genehmigte der König endlich
die Bitte des Thronfolgers. Der gutmütige Schwächling verfällt fast
immer in Härte wenn er sich stark zeigen will; so entließ auch Max Joseph
*) Krusemarks Bericht, Wien 8. Febr., Hardenbergs Weisung an Küster, 25. März 1817.