Das Konkordat. 349
Minister anfangs kaum daran glauben; der König polterte wider den
hundsföttischen Vertrag. Aber die einzige Antwort, die in solcher Lage
einer stolzen Krone geziemte, unterblieb: der pflichtvergessene Unterhänd—
ler wurde nicht abberufen. Vergeblich forderte Lerchenfeld, daß ohne
ausdrücklichen Vorbehalt der Rechte des Staates kein Abkommen ge—
schlossen werden dürfe. Graf Rechberg war bei früheren Verhandlungen
mit dem Kardinal della Genga zu der entgegengesetzten Überzeugung
gelangt; er meinte, ein stillschweigender Vorbehalt genüge auch, da die
Kurie es mit der Ausführung der Verträge so genau nicht nehme. Man
beschloß endlich, den in Eichstädt wohlbeliebten Bruder des Ministers,
Aaver Rechberg nach Rom zu senden, und dieser brachte mit Blacas'
Beihilfe ein Konkordat zu stande, das bis auf wenige unwesentliche
Punkte mit dem Vertrage vom 5. Juni vollständig übereinstimmte. Der
neue Vertrag ward am 24. Oktbr. vom Könige genehmigt. Er enthielt
außer jener grundsätzlichen Anerkennung des kanonischen Rechts noch die
Zusage, daß alle nicht im Konkordate selbst erwähnten kirchlichen Ange-
legenheiten nach der vigens ecclesiae disciplina behandelt werden und in
zweifelhaften Fällen stets eine neue Vereinbarung zwischen dem Papste und
dem Könige erfolgen solle. Im Art. 17 war sogar die Aufhebung aller
dem Konkordate widersprechenden Gesetze und Verordnungen angekündigt.
Die Bischöfe sollten über die Reinheit des Glaubens und der Sitten in
den öffentlichen Schulen wachen und durften von der Staatsgewalt die
Unterdrückung gefährlicher Bücher verlangen. Auch die Einrichtung neuer
Klöster und die unbeschränkte Befugnis zum Gütererwerb ward der Kirche
zugesichert. Um solchen Preis bewilligte der Papst die Gründung der so
lange erstrebten bayrischen Landeskirche mit zwei Erzbischöfen und sechs
Bischöfen; die beantragte Bildung eines einzigen Erzbistums für das
ganze Königreich wurde in Rom abgelehnt, denn wie leicht konnte nicht
ein solcher Metropolitan die Rolle eines Primas spielen! Als katholischer
Souverän erhielt der König das Recht, drei seiner Landesbischöfe unbe-
dingt, die fünf anderen auf Grund einer Kandidatenliste zu ernennen.
Hierin und in der stillschweigenden Anerkennung des landesherrlichen
Patronats über die Pfarrstellen lag die einzige Sicherung der Rechte der
Staatsgewalt. Wollte man unredlich verfahren, so blieb als letzte Waffe
freilich noch der Art. 18, der in einem Atem versprach, das Konkordat
solle unverbrüchlich gehalten und — als Staatsgesetz verkündigt werden.
So der Inhalt dieses ersten Probstücks der Münchener europäischen
Politik. Es war die schimpflichste Demütigung, welche jemals ein mo-
derner Staat von dem heiligen Stuhle dahin genommen, die wohlver-
diente Strafe für den partikularistischen Dünkel, der sich zuerst von den
übrigen deutschen Staaten abgesondert hatte und nun ihnen um jeden
Preis zuvorkommen wollte. Selbst Küsters Nachfolger, der hochkonser-
vative alte General Zastrow erschrak über „den vollständigen Sieg Roms“