432 II. 7. Die Burschenschaft.
Vorschlägen Metternichs entgegen: er beschloß, da er gerade die rheinischen
Provinzen besuchen wollte, den Weg über Weimar zu nehmen um dort,
unterstützt von dem österreichischen Gesandten Grafen Zichy, den Groß—
herzog zur Rede zu stellen und ihm zwei mahnende Briefe des Kaisers
und des Königs zu übergeben.
Inmitten der allgemeinen Aufregung blieb allein Karl August heiter
und gleichmütig; er hatte selber einst lange im UÜbermut brausender
Jugend geschwelgt und nahm die Prahlerei der Burschen nicht ernster als
sie es verdiente. Die auf der Wartburg angekündigte Deutsche Burschen-
zeitung ward verboten, einige andere Zeitungen verwarnt, und gegen
Oken leitete man ein Strafverfahren ein, das mit Freisprechung endigte,
da die Anklage törichterweise auf Hochverrat lautete; für Injurienklagen
hätte jener Artikel der Isis allerdings überreichen Stoff geboten. Auch
eine Untersuchung gegen Fries wurde als gegenstandslos wieder einge-
stellt, und man begnügte sich, ihm wegen seiner taktlosen Reden einen
Verweis zu erteilen. Im übrigen blieben die Jenenser unbehelligt.
Der preußischen Regierung ließ Karl August durch seinen Geschäftsträger
sagen (26. November): „Die gegenwärtige Aufregung ist allgemein, sie ist
eine natürliche Folge der Ereignisse; Vertrauen und Mut können sie
ersticken, Argwohn und gewaltsame Maßregeln würden Deutschland ver-
wirren.““) Den Abgesandten der beiden Großmächte trat er mit seinem
gewohnten fröhlichen Freimut entgegen und versprach, bei einem Bundes-
preßgesetze mitzuhelfen. Auf den Wunsch des Großherzogs ging dann
Zichy mit Edling selber nach Jena um dies Nest des Aufruhrs näher
zu betrachten, und da sich dort nichts Auffälliges zeigte, so standen die
beiden Großmächte vorläufig von weiteren Schritten ab. Aber der Arg-
wohn blieb lebendig; in den schärfsten Worten sprach König Friedrich
Wilhelm seine Rüge aus, da Maßmann im nächsten Sommer als Turn-
lehrer nach Breslau berufen wurde. Auch die französische Regierung,
längst schon beunruhigt durch die Umtriebe des Prinzen von Oranien
und der Flüchtlinge in Belgien, machte dem Weimarischen Hof ernste
Vorstellungen. Zar Alexander, der Vorkämpfer des christlichen Libera-
lismus, weigerte sich zwar beim Deutschen Bunde Lärm zu schlagen, wie
Metternich von ihm verlangt hatte; doch konnte auch er eine stille Angst
nicht ganz bemeistern und mahnte den Großherzog in einem eigenhändigen
Briefe zur Strenge gegen die Presse.) Immer stärker ward die Furcht
vor einer nahenden Revolution, und da die fremden Mächte wohl fühlten,
was sie alle an Deutschland gesündigt hatten, so betrachteten sie dies stille
Land, das doch erst an wenigen Orten die Spuren unruhiger Bewegung
zeigte, als den natürlichen Mittelpunkt der europäischen Umsturzpartei.
*) Weisung Edlings an den Geschäftsträger Müller, 26. Nov. 1817.
**) Altenstein an Hardenberg, 18. Aug., 15. Sept.; Bericht des bad. Gesandten
General v. Stockhorn, Berlin, 7. Febr. 1818.