Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

Metternich am Bundestage. 465 
Bundesakte“, schrieb Wangenheim arglos, „ist nichts, gar nichts ohne In- 
stitutionen, welche die Anwendung des Gesetzes und seine Vollziehung 
verbürgen;" nur ein Bund im Bunde kann die völlige Rechtsgleichheit 
aller Bundesglieder sichern und die rein deutschen Staaten den euro- 
päischen Kriegen der beiden Großmächte fern halten. Daß dieser Bund 
jemals mit dem Auslande sich verschwören und „etliche und dreißig 
Staaten in Klein-Oktav oder Duodez“ über einen Eroberungsplan gegen 
Preußen und Osterreich einig werden sollten, ist eine „läppische Besorg- 
nis politischer Don Quixotes“. 
Metternich würdigte den unschuldigen Briesschreiber keiner Erwi- 
derung, sondern suchte sofort die Verständigung mit Preußen; wenn 
nur die Einheit des Bundesheeres, und damit der österreichische Ober- 
befehl gesichert blieb, so kam ihm auf die Zusammensetzung der gemisch- 
ten Armeekorps wenig an. Er begab sich von Frankfurt nach seinem 
herrlichen Dotationsgute, dem Johannisberg, wo er die einträglichen 
Rebgärten der alten Fuldaer Fürstäbte mit großer Sorgfalt pflegen, ihre 
Festsäle unanständig kahl und häßlich wieder herstellen ließ. Dort hielt 
er am 17. Sept., von Langenau unterstützt, eine große Beratung mit 
Hardenberg, Goltz und Wolzogen, welche zur Annahme der preußischen 
Vorschläge führte: außer drei österreichischen, drei preußischen und einem 
bayrischen Armeekorps sollten drei gemischte Korps gebildet werden, ein 
achtes für Sachsen, Württemberg und Baden, ein neuntes für beide 
Hessen, Nassau und Thüringen, ein zehntes für Hannover und die 
niederdeutschen Kleinstaaten. Der preußische Staatskanzler war über- 
glücklich. Hundertmal getäuscht wollte er die Traumgebilde seiner dua- 
listischen Politik auch jetzt noch nicht aufgeben und meldete seinem Könige, 
nunmehr sei es gewiß, daß ganz Norddeutschland außer Sachsen im 
Kriegsfalle unter Preußens Führung stehen werde) Und doch hatte 
man über eine Zweiteilung des Bundesheeres kein Wort verabredet, 
vielmehr war Osterreich fest entschlossen, von dem früheren Bundesbe- 
schlusse, welcher die Ernennung eines einzigen Bundesfeldherrn vorschrieb, 
niemals abzugehen. In Frankfurt währte unterdessen der alte Zank 
unaufhaltsam fort, die beiden Hessen wollten durchaus in das Armee- 
korps der süddeutschen Mittelstaaten eintreten. Aber da der König von 
Württemberg über das eigenmächtige, herausfordernde Gebaren seines 
heißblütigen Gesandten denn doch erschrak'“) und die beiden Hessen nur 
lau unterstützte, so wurde endlich die Johannisberger Vereinbarung von 
dem militärischen Ausschuß angenommen und am 12. Oktbr. der Ent- 
wurf der „Grundzüge der Kriegsverfassung des Deutschen Bundes“ dem 
Bundestage vorgelegt. 
  
*) Hardenbergs Bericht an den König, Kreuznach 18. Sept. 1818. 
**) Ministerialschreiben Berstetts an Berkheim, 29. Aug. 1818. 
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. II. 30
	        
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