Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

Friedrich Wilhelm verhindert den bayrischen Staatsstreich. 507 
schen Politik hinausgeworfene Bayern habe sich durch die moralische Macht 
seiner Verfassung wieder erhoben, sein Monarch werde jetzt von der ge— 
samten Nation „als der König der deutschen Herzen“ begrüßt. „Dieses 
europäische Ereignis macht Bayern wieder zu einer europäischen Macht.“ 
Wenn der König seinem Landtage in allem entgegenkommt, „dann wird 
die wittelsbachische Dynastie der Anhaltspunkt werden für alle Völker, 
welche sich als reif für die repräsentative Verfassung bewährt haben, und 
dann wird ein beträchtliches Heer für Bayern erst seine wahre Bedeutung 
erhalten.“ So tauchten die phantastischen Triaspläne des württembergi— 
schen Hofes jetzt in bayrischer Färbung wieder auf; die Münchener Oppo— 
sition stand mit den Liberalen des Nachbarlandes in regem Verkehre, die 
Neue Stuttgarter Zeitung diente ihnen gemeinsam zum Organ. Aber 
bei dem Wittelsbacher verfing der Lockruf nicht. Max Joseph erschrak 
über die radikale Sprache seiner Volksvertreter und sendete den Grafen 
Rechberg nochmals zu General Zastrow, um diesem die Denkschrift der 
Liberalen einzuhändigen; es war gerade an demselben Tage (23. Mai), da 
die Verfassungsdenkmünze den Kammern überreicht wurde. Noch einmal 
beschwor er den König von Preußen, mit ihm Hand in Hand zu gehen, 
damit diese demokratischen Grundsätze im Keime zerstört würden. Friedrich 
Wilhelm antwortete kurz und würdig, er wolle sich nicht in die inneren 
Angelegenheiten Bayerns mischen, und wiederholte nur den Rat, daß der 
König „jede verfassungswidrige Anmaßung oder Zumutung kräftig zurück— 
weise; dann wird die bayrische Regierung sich nicht betören lassen durch 
so gleißnerische Vorspiegelungen, so heuchlerische Schmeicheleien, wie sie 
jenes Memoire enthält.“*) 
Den Schluß der Session bildete eine jener Militärdebatten, bei 
denen die tiefe Unwahrheit der kleinstaatlichen Souveränität sich immer 
besonders widerwärtig offenbarte: im Grunde fühlte jedermann, daß die 
beträchtlichen Ausgaben für die Armeen der Mittelstaaten fast zwecklos 
aufgewendet wurden, so lange ein fest geeintes deutsches Heer nicht bestand, 
aber niemand wagte diese dem Partikularismus unbequeme Wahrheit 
offen auszusprechen. In Bayern wünschten fast alle Parteien ein starkes 
stehendes Heer, da sie sämtlich von der europäischen Macht des Staates 
der Wittelsbacher sehr überspannte Vorstellungen hegten und doch zur 
Einführung einer kriegstüchtigen Landwehr, nach dem Vorbilde des so 
gründlich verachteten preußischen Staates, sich nimmermehr entschließen 
wollten. Um so lebhafter stritt man über den Aufwand, der allerdings 
auch nach dem Urteil des preußischen Gesandten viel zu hoch war. Die 
von den Abgeordneten bewilligten 6,7 Mill. fl. erschienen dem Könige so 
unzureichend, daß er in einem Handschreiben an Wrede erklärte, lieber wolle 
er seine Hausarmen darben lassen und 300,000 fl. aus seiner Schatulle zu- 
  
*) Zastrows Bericht, 23. Mai; Ministerialschreiben an Zastrow, 11. Juni 1819.
	        
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