Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

Arndt und die Brüder Welcker. 543 
nur durch die Erhebung des Kompetenzkonflikts unterdrückt werden konnte; 
er suchte sogar in den „Jahrbüchern der Gesetzgebung“ die preußischen 
Richter darüber zu belehren, daß sie, selbst wenn nur verbrecherische 
Theorien vorlägen, auf Hochverrat erkennen müßten. Der ehrliche 
Stägemann mußte die Spalten seiner Staatszeitung den lächerlichsten 
Enthüllungen öffnen und tröstete sich, wie manche andere rechtschaffene 
Beamte, mit der Meinung: ganz grundlos könne der Verdacht doch nicht 
sein, sonst würden die höchsten Polizeibehörden nicht so bestimmt reden. 
Da stand denn zu lesen, daß ein sechzehnjähriger Gymnasiast die gräß- 
liche Außerung getan: „o braver Sand, du wußtest nicht, welche Heu- 
ochsen wir waren;“ derselbe junge Teufel, der sich offenbar soeben an 
Schillers Räubern berauscht, hatte auch geschrieben: „an jedem Baume 
zwischen hier und Charlottenburg sollte mir Einer hängen; o ich wollte 
mir Luft machen“ — und weiter: „alle achtunddreißig zu töten ist ein 
leichtes Ding, ein Werk des Augenblicks“ — wozu die Staatszeitung 
weise bemerkte, damit seien offenbar die durchlauchtigen Souveräne des 
Deutschen Bundes gemeint. Und diese schimpflichen Albernheiten standen 
in dem amtlichen Blatte der Monarchie dicht neben vortrefflichen Aufsätzen, 
welche die Einsicht einer wohlwollenden und gerechten Regierung bekundeten. 
Wenn die Affenbosheit niedriger Handlanger diesen glorreichen Staat also 
dem allgemeinen Hohngelächter preisgeben durfte, was Wunder, daß die 
öffentliche Meinung zu hoffen verlernte? Der preußische Staat glich einem 
von einer fixen Idee ergriffenen, doch im übrigen gesunden Geiste; in 
allen Zweigen der Verwaltung wurden die alten ehrenhaften Traditionen 
gewahrt, nur gegen die Demagogen erhielten die verworfenen Elemente 
des Beamtentums freies Spiel. 
Am Rhein hatte sich Kamptz mit dem Instinkt der Gemeinheit gerade 
die Männer ausgesucht, welche den preußisch-deutschen Geist in der schwie- 
rigen Provinz vertraten. So ward in Köln der Prokurator L. von Mühlen- 
fels verhaftet, ein schwärmerischer Patriot, der seinen verwegenen Mut 
bei Dennewitz bewährt hatte; er war mit den Gebrüdern Follen bekannt, 
aber nie in ihre geheimsten Pläne eingeweiht worden. Gleichzeitig ward 
in Bonn bei Arndt und den Brüdern Welcker Haussuchung gehalten. 
Umsonst verbürgte sich Humboldt für die Unschuld seines jungen Freundes, 
des Philologen F. G. Welcker, und legte dem Staatskanzler ans Herz, 
wie leicht die junge Hochschule untergehen könne, wenn man ihre soeben 
erst ehrenvoll berufenen neuen Lehrer so leichtfertig blosstelle. Der 
vornehme, sinnige Kunstforscher F. G. Welcker hatte schon in Gießen 
durch seine nationale Begeisterung den Zorn der Rheinbündner erregt, 
er war dann als Göttinger Professor durch Kamptz bei der hannoverschen 
Regierung denunziert worden und mußte jetzt noch sechs Jahre warten, 
  
*) Humboldt an Hardenberg, 20. Juli 1819.
	        
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