Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

562 II. 9. Die Karlsbader Beschlüsse. 
nachträglich dessen Wiener Gesandten, Frhr. von Münchhausen ein, der 
sich dann noch an den sechs letzten Sitzungen beteiligen durfte. Minister 
von Fritsch dagegen ward mit offenbarem Hohne behandelt, als er im Auf— 
trage des Großherzogs Karl August zu Karlsbad erschien, um zu erfahren, 
was dort vorgehe. Metternich ließ ihn nur als Gast einer einzigen, wenig 
bedeutsamen Sitzung beiwohnen und schickte ihn dann ohne jede weitere 
Auskunft wieder heim; Gentz aber schrieb zufrieden in sein Tagebuch: die 
unschuldige Gesellschaft habe jetzt Karlsbad verlassen. 
Um die Ausführung der Notgesetze wider die Demagogen zu sichern, 
wurde zunächst eine provisorische Exekutionsordnung beschlossen, welche den 
Bundestag ermächtigte, die Vollziehung aller Bundesbeschlüsse durch eine 
Kommission zu überwachen und nötigenfalls gegen einen widersetzlichen 
Bundesstaat militärische Zwangsmittel zu gebrauchen. Bernstorff, der 
eine so weite Ausdehnung der Rechte des Bundes bedenklich fand, erhielt 
aus Berlin die bestimmte Weisung zur Annahme des Gesetzes: „ohne 
kräftige exekutive Maßregeln,“ schrieb ihm der Staatskanzler, „werden wir 
keinen Bundesbeschluß durchsetzen,“ sonst könnte selbst ein Staat wie 
Bremen jede Wirksamkeit des Bundes vereiteln.) So erhielt denn der 
Bundestag eine Befugnis zugewiesen, welche scharf gehandhabt wohl 
zur Bändigung des Partikularismus führen konnte; aber selbst diese 
an sich heilsame Verstärkung der Zentralgewalt erregte im Volke nur Un- 
willen, weil sie lediglich den Zwecken der Demagogenverfolgung dienen sollte. 
Darauf folgte der zweite Gesetzentwurf über die Universitäten. Gentz 
hatte dazu einen einleitenden Präsidialvortrag ausgearbeitet, der von fri- 
volen Anschuldigungen überfloß. Er behauptete, die Hochschulen seien 
ihrem ursprünglichen Charakter, ihrem in besseren Zeiten erworbenen 
Ruhme fremd geworden, und beschuldigte „einen großen Teil der akade- 
mischen Lehrer“, daß sie die Köpfe der Jugend mit dem Phantom einer 
sogenannten weltbürgerlichen Bildung erfüllt hätten — wahrlich das 
letzte, was sich den christlich-germanischen Hitzköpfen vorwerfen ließ. Auf 
solche Erwägungen gestützt, verlangte das Gesetz an jeder deutschen Uni- 
versität die Anstellung eines außerordentlichen Regierungs-Bevollmäch- 
tigten, der die Ordnung zu überwachen, den Geist der Lehrer zu beobachten 
und ihm „eine heilsame Richtung zu geben“ hätte. Wer wegen Pflicht- 
verletzung oder Verbreitung verderblicher Lehren vom Katheder entfernt 
würde, sollte — gemäß dem alten Lieblingsgedanken Metternichs — in 
keinem deutschen Staate jemals ein Lehramt erhalten. Endlich wurden 
die alten Gesetze gegen die akademischen Verbindungen wieder eingeschärft 
und insbesondere auf die Burschenschaft ausgedehnt, da „diesem Verein die 
schlechterdings unzulässige Voraussetzung einer fortdauernden Gemeinschaft 
und Korrespondenz zwischen den verschiedenen Universitäten zum Grunde 
*) Hardenberg an Bernstorff, 17. August 1819.
	        
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