166 III. 3. Troppau und Laibach.
nach Laibach aufzufordern. Dieser aber nahm die Einladung freudig an,
und die überströmende Dankbarkeit seiner Antwortschreiben verrieth deutlich,
was in seinem Herzen kochte.
Noch gab es manche schwere Bedenken zu überwinden, selbst im
Schooße des engeren Bundes der drei Höfe. Der Czar wünschte Blut-
vergießen durchaus zu vermeiden; er fühlte Mitleid für das neapolitanische
Volk, das gleich seinem Könige durch die despotische Gewalt der Revolution
geknechtet sei, und schlug daher vor, die Verirrten noch einmal durch den
Papst warnen zu lassen, da die Großmächte selber mit dieser revolutio-
nären Regierung nicht verhandeln könnten. Getreu den Traditionen der
russischen Politik, die sich den italienischen Kleinstaaten immer freundlich
gezeigt hatte, verlangte er ferner, daß auch Bevollmächtigte Piemonts,
Toscanas und des Papstes nach Laibach geladen würden. Auf beide
Vorschläge mußte Metternich wohl oder übel eingehen, schon weil Oester-
reich die guten Dienste des Tuilerienhofes, der ebenfalls seine Vermitt-
lung anbot, unmöglich annehmen konnte. Die zwei Kaiser schrieben also
(12. Decbr.) persönlich an den Papst — denn der König von Preußen
war mittlerweile heimgereist — und die Fassung ihrer Briefe ließ den
Gegensatz der Meinungen erkennbar durchschimmern. Kaiser Franz sprach
die Erwartung aus, der geistliche Arm werde den weltlichen bei der Be-
strafung der Revolution unterstützen; Czar Alexander hoffte durch die
geistlichen Ermahnungen des Kirchenfürsten die Neapolitaner mit den Groß-
mächten zu versöhnen. Metternich aber und seine preußischen Freunde
sahen voraus, wie kläglich dieser seltsame Vermittlungsversuch enden mußte,
und die Thorheit der Radicalen des Südens gab ihnen Recht.)
Die Sache der Liberalen in Neapel stand noch nicht ganz verzweifelt;
denn außer Oesterreich wünschten alle Großmächte, sogar Preußen, die Durch-
führung einiger Reformen in dem zerrütteten Staate; auch an den italie-
nischen Höfen glaubte man allgemein, daß mindestens einzelne Trümmer
der neuen Institutionen den Neapolitanern erhalten bleiben müßten.“)
Entschloß sich das Parlament in Neapel rechtzeitig, statt der unbrauchbaren,
von den Großmächten verworfenen spanischen Verfassung ein verständiges
Grundgesetz anzunehmen, so war eine Versöhnung vielleicht noch möglich.
Aber auf die Nachrichten aus Troppau flammten die revolutionären
Leidenschaften wild auf; eingeschüchtert durch die Drohungen der Carbonari
beschloß die Kammer an ihrem heiligen Codex unverbrüchlich festzuhalten
und zwang die muratistischen Minister einem radicalen Cabinet den Platz
„ .. . .. .. , 24. November.
) Opinion des russischen Hofes über die Mittel zur Versöhnung, 6-December
Caraman, Erklärung zum Protocoll, 7. Dec.; Briefe der beiden Kaiser an Papst Pius,
12. Dec.; Bernstorff an Niebuhr, 13. Dec.; an Graf Truchseß in Turin, 24. Dec.;
Hardenberg's und Bernstorff's Berichte, 1., 6. Dec. 1820.
*#) Truchseß's Bericht, Turin 4. Dec. 1820.