170 III. 3. Troppau und Laibach.
Auch in den kleinen deutschen Staaten wurde das diktatorische Auf—
treten der drei Mächte mit Bangen betrachtet. Mit der Presse dieser
Länder wußte man freilich in Troppau rasch fertig zu werden. Kaum hatte
das Weimarische Oppositionsblatt sich einige anzügliche Bemerkungen über
den Bund der meistbeerbten Monarchen erlaubt, so beschwerten sich die
beiden deutschen Großmächte, auf Oesterreichs Wunsch gab der Czar dem
Schwager in Weimar ebenfalls einen Wink, und das unglückliche Blatt,
das sich seit den Karlsbader Beschlüssen sehr zahm gehalten, wurde sofort
unterdrückt.“) Bedenklicher war die Verstimmung der kleinen Höfe selbst.
Daß der königliche Verfasser des Manuscripts aus Süddeutschland die
Troppauer Nachrichten mit Unmuth aufnehmen würde, ließ sich vorher—
sehen. Der hatte schon zur Zeit des Aachener Congresses unter der Hand
versucht, den Brüsseler Hof und einige kleine deutsche Cabinette zu einem
gemeinsamen Protest zu bewegen; jetzt ergötzte man sich in den Stutt-
garter Hofkreisen an dem Traumbilde eines Gegencongresses der Minder-
mächtigen, der etwa nach Würzburg berufen werden sollte, jedoch das luftige
Projekt gelangte nicht über erregte Gespräche hinaus. Der treue Kämpe
der Kleinstaaterei, Bignon trat auch wieder auf den Plan;z er schilderte
in einer Flugschrift über den Troppauer Congreß, welch ein heller Tag
über Baiern, Württemberg, Baden aufgegangen sei und wie schwarz daneben
die Ostmächte erschienen.
Sogar an dem getreuen Karlsruher Hofe regte sich das Mißtrauen
gegen die Großmächte. Der neue Bundesgesandte Blittersdorff, der auf
den Wiener Conferenzen so eifrig für die Verstärkung der deutschen
Bundesgewalt gewirkt, hatte in Frankfurt mit dem russischen Gesandten
Unstett, dem Freunde Kapodistrias', einen vertraulichen Verkehr angeknüpft;
er meinte jetzt das Dasein der kleinen deutschen Staaten selbst bedroht
und empfahl seinem Hofe in zahlreichen, drängenden Denkschriften die
Bildung eines Sonderbundes. Er dachte zu nüchtern, um auf die begehr-
lichen Träume des Manuscripts aus Süddeutschland einzugehen und
beurtheilte das Zwitterdasein der Mittelstaaten mit einer Bescheidenheit,
die in diesen Kreisen selten war. „An und für sich, so gestand er, enthält
es eine Art von Widerspruch, wenn man von der Politik eines Staates
redet wie Württemberg.“ Man fühlt dies in Stuttgart und ist daher
bemüht „das Particularinteresse Württembergs bis zur eigentlichen Politik
zu steigern“. Doch eine Vereinigung der kleinen Staaten, mindestens der
süddeutschen, zu einem gemeinsamen politischen Systeme ohne förmlichen
Bundesvertrag hielt auch er für geboten; die fünf Mächte befänden sich
„nicht mehr auf einer Linie", dies ermögliche den Kleinen „die relative
Selbständigkeit", die ihnen gebühre, zu wahren und „der Ciment des
) Russisches Ministerialschreiben an den Geschäftsträger Canicoff in Weimar,
Okt. 1820.