Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

170 III. 3. Troppau und Laibach. 
Auch in den kleinen deutschen Staaten wurde das diktatorische Auf— 
treten der drei Mächte mit Bangen betrachtet. Mit der Presse dieser 
Länder wußte man freilich in Troppau rasch fertig zu werden. Kaum hatte 
das Weimarische Oppositionsblatt sich einige anzügliche Bemerkungen über 
den Bund der meistbeerbten Monarchen erlaubt, so beschwerten sich die 
beiden deutschen Großmächte, auf Oesterreichs Wunsch gab der Czar dem 
Schwager in Weimar ebenfalls einen Wink, und das unglückliche Blatt, 
das sich seit den Karlsbader Beschlüssen sehr zahm gehalten, wurde sofort 
unterdrückt.“) Bedenklicher war die Verstimmung der kleinen Höfe selbst. 
Daß der königliche Verfasser des Manuscripts aus Süddeutschland die 
Troppauer Nachrichten mit Unmuth aufnehmen würde, ließ sich vorher— 
sehen. Der hatte schon zur Zeit des Aachener Congresses unter der Hand 
versucht, den Brüsseler Hof und einige kleine deutsche Cabinette zu einem 
gemeinsamen Protest zu bewegen; jetzt ergötzte man sich in den Stutt- 
garter Hofkreisen an dem Traumbilde eines Gegencongresses der Minder- 
mächtigen, der etwa nach Würzburg berufen werden sollte, jedoch das luftige 
Projekt gelangte nicht über erregte Gespräche hinaus. Der treue Kämpe 
der Kleinstaaterei, Bignon trat auch wieder auf den Plan;z er schilderte 
in einer Flugschrift über den Troppauer Congreß, welch ein heller Tag 
über Baiern, Württemberg, Baden aufgegangen sei und wie schwarz daneben 
die Ostmächte erschienen. 
Sogar an dem getreuen Karlsruher Hofe regte sich das Mißtrauen 
gegen die Großmächte. Der neue Bundesgesandte Blittersdorff, der auf 
den Wiener Conferenzen so eifrig für die Verstärkung der deutschen 
Bundesgewalt gewirkt, hatte in Frankfurt mit dem russischen Gesandten 
Unstett, dem Freunde Kapodistrias', einen vertraulichen Verkehr angeknüpft; 
er meinte jetzt das Dasein der kleinen deutschen Staaten selbst bedroht 
und empfahl seinem Hofe in zahlreichen, drängenden Denkschriften die 
Bildung eines Sonderbundes. Er dachte zu nüchtern, um auf die begehr- 
lichen Träume des Manuscripts aus Süddeutschland einzugehen und 
beurtheilte das Zwitterdasein der Mittelstaaten mit einer Bescheidenheit, 
die in diesen Kreisen selten war. „An und für sich, so gestand er, enthält 
es eine Art von Widerspruch, wenn man von der Politik eines Staates 
redet wie Württemberg.“ Man fühlt dies in Stuttgart und ist daher 
bemüht „das Particularinteresse Württembergs bis zur eigentlichen Politik 
zu steigern“. Doch eine Vereinigung der kleinen Staaten, mindestens der 
süddeutschen, zu einem gemeinsamen politischen Systeme ohne förmlichen 
Bundesvertrag hielt auch er für geboten; die fünf Mächte befänden sich 
„nicht mehr auf einer Linie", dies ermögliche den Kleinen „die relative 
Selbständigkeit", die ihnen gebühre, zu wahren und „der Ciment des 
  
) Russisches Ministerialschreiben an den Geschäftsträger Canicoff in Weimar, 
Okt. 1820.
	        
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