König Ferdinand in Laibach. 177
nur dann werden, wenn sie fest zusammenhielten; und daran war nicht
zu denken, da ihre mediterranischen Interessen scharf auseinandergingen.
Der Zustand blieb wie er in Troppau gewesen: die große Allianz war
etwas gelockert, aber keineswegs aufgelöst. Die Ostmächte allein faßten
die entscheidenden Beschlüsse, wenngleich sie diesmal, um Frankreich zu
schonen, nicht wieder förmliche Conferenzen unter sich abhielten; die Fran-
zosen stimmten in der Regel nachträglich zu, und Lord Stewart nahm das
Meiste schweigend zu Bericht.
Mit dem Czaren war Metternich allmählich auf vertrauten Fuß
gekommen; fast jeden Abend trank er bei ihm allein Thee, was als ein
besonderes Zeichen kaiserlicher Gunst galt; und obwohl Kapodistrias dem
Oesterreicher abermals allerhand Bedenken und Gegenanträge in den Weg
schob, so war doch das Gestirn des Griechen ersichtlich im Sinken. Der
Freund der Hofburg, Nesselrode, gewann wieder das Ohr des Keisers,
und da auch die Preußen sich in Allem, was ihren Staat nicht unmittelbar
anging, willfährig zeigten, so konnte die Tragikomödie, welche Metternich
zum Besten des Hauses Bourbon ersonnen, ganz nach dem Plane ihres
Dichters über die Bretter gehen.
Der Held des Stückes hatte inzwischen seinen Sohn zum Regenten
ernannt und, nachdem der Kronprinz ebenfalls mit bourbonischer Gewissens-
ruhe die spanische Verfassung noch einmal beschworen, sich von seinem
geliebten Volke verabschiedet. So lange das Schiff auf hoher See segelte,
behielt er die Farben der Carbonari auf der Brust, denn wie leicht konnte
ihn ein Sturm wieder an die Küste seines Landes verschlagen! Erst als
er sich im Hafen von Livorno geborgen sah, riß er das Abzeichen der
Revolution herunter und trat es mit Füßen. Dann ergoß er die Gefühle
seines landesväterlichen Herzens in Briefen an die fünf Monarchen. „End-
lich bin ich frei,“ schrieb er an den König von Preußen, „endlich mir selbst
zurückgegeben. Ohne Ihren Schutz wäre mein Leben den Gewaltthaten
erlegen, welche mich zur Anerkennung von Beschlüssen nöthigten, wogegen
ich unaufhörlich vor Gott und vor den Menschen, die mir noch zu nahen
wagten, protestirt habe.“ Indem er seinen Protest hiermit erneuerte, bat
er zugleich den Brief noch geheim zu halten, damit nicht seine Kinder der
Rachgier einer scheußlichen Sekte zum Opfer fielen..) Das war der
Mann, der zwischen den Großmächten und seinem Volke vermitteln solltel
Der hohe, hagere, sehnige alte Herr machte den Eindruck eines biederen
Landedelmannes, und die unschuldige junge Prinzessin Amalie von Sachsen,
die ihn auf dieser Reise kennen lernte, erfreute sich herzlich an seiner gut-
müthigen Offenheit. Die Staatsmänner in Laibach erschraken doch, als
der Bourbone nun vor ihnen erschien, von Neuem gebunden durch heilige
Eide, Alles verdammend, Alles beschimpfend was er selber gethan und
*) Schreiben König Ferdinand's an König Friedrich Wilhelm aus Livorno.
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. III. 12