Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

König Ferdinand in Laibach. 177 
nur dann werden, wenn sie fest zusammenhielten; und daran war nicht 
zu denken, da ihre mediterranischen Interessen scharf auseinandergingen. 
Der Zustand blieb wie er in Troppau gewesen: die große Allianz war 
etwas gelockert, aber keineswegs aufgelöst. Die Ostmächte allein faßten 
die entscheidenden Beschlüsse, wenngleich sie diesmal, um Frankreich zu 
schonen, nicht wieder förmliche Conferenzen unter sich abhielten; die Fran- 
zosen stimmten in der Regel nachträglich zu, und Lord Stewart nahm das 
Meiste schweigend zu Bericht. 
Mit dem Czaren war Metternich allmählich auf vertrauten Fuß 
gekommen; fast jeden Abend trank er bei ihm allein Thee, was als ein 
besonderes Zeichen kaiserlicher Gunst galt; und obwohl Kapodistrias dem 
Oesterreicher abermals allerhand Bedenken und Gegenanträge in den Weg 
schob, so war doch das Gestirn des Griechen ersichtlich im Sinken. Der 
Freund der Hofburg, Nesselrode, gewann wieder das Ohr des Keisers, 
und da auch die Preußen sich in Allem, was ihren Staat nicht unmittelbar 
anging, willfährig zeigten, so konnte die Tragikomödie, welche Metternich 
zum Besten des Hauses Bourbon ersonnen, ganz nach dem Plane ihres 
Dichters über die Bretter gehen. 
Der Held des Stückes hatte inzwischen seinen Sohn zum Regenten 
ernannt und, nachdem der Kronprinz ebenfalls mit bourbonischer Gewissens- 
ruhe die spanische Verfassung noch einmal beschworen, sich von seinem 
geliebten Volke verabschiedet. So lange das Schiff auf hoher See segelte, 
behielt er die Farben der Carbonari auf der Brust, denn wie leicht konnte 
ihn ein Sturm wieder an die Küste seines Landes verschlagen! Erst als 
er sich im Hafen von Livorno geborgen sah, riß er das Abzeichen der 
Revolution herunter und trat es mit Füßen. Dann ergoß er die Gefühle 
seines landesväterlichen Herzens in Briefen an die fünf Monarchen. „End- 
lich bin ich frei,“ schrieb er an den König von Preußen, „endlich mir selbst 
zurückgegeben. Ohne Ihren Schutz wäre mein Leben den Gewaltthaten 
erlegen, welche mich zur Anerkennung von Beschlüssen nöthigten, wogegen 
ich unaufhörlich vor Gott und vor den Menschen, die mir noch zu nahen 
wagten, protestirt habe.“ Indem er seinen Protest hiermit erneuerte, bat 
er zugleich den Brief noch geheim zu halten, damit nicht seine Kinder der 
Rachgier einer scheußlichen Sekte zum Opfer fielen..) Das war der 
Mann, der zwischen den Großmächten und seinem Volke vermitteln solltel 
Der hohe, hagere, sehnige alte Herr machte den Eindruck eines biederen 
Landedelmannes, und die unschuldige junge Prinzessin Amalie von Sachsen, 
die ihn auf dieser Reise kennen lernte, erfreute sich herzlich an seiner gut- 
müthigen Offenheit. Die Staatsmänner in Laibach erschraken doch, als 
der Bourbone nun vor ihnen erschien, von Neuem gebunden durch heilige 
Eide, Alles verdammend, Alles beschimpfend was er selber gethan und 
  
*) Schreiben König Ferdinand's an König Friedrich Wilhelm aus Livorno. 
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. III. 12
	        
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