Oesterreichs Herrschaft in Italien. 185
sich an wider die Weißröcke; in Palermo ward einmal ein Geheimbund
entdeckt, der die gesammte österreichische Garnison zu vergiften bezweckte.
Und dieser Haß fiel zurück auf die Deutschen außerhalb Oesterreichs;
denn jeder Kroate, Raize oder Malache, der des Kaisers Rock trug, hieß
den Wälschen ein Tedesco, und auch die anderen Nationen machten das
deutsche Volk verantwortlich für die Sünden der Vormacht des Deutschen
Bundes. In grimmigen Versen brandmarkte Casimir de la Vigne die
Germanen, diese Sclaven von gestern und Tyrannen von heute, wie sie
mit den elenden Besiegten zusammen unter dem Lorbeerstrauche Virgils sich
betränken. Nur wenige Ausländer unterschieden so gerecht wie Lord Byron,
der unbefangen schrieb: „ich liebe die Deutschen, nur nicht die Oester-
reicher; die hasse und verabscheue ich.“ Die Meisten bemerkten mit stiller
Schadenfreude, daß die Nation, deren Erstarken sie alle fürchteten, nun
so übel berüchtigt wurde wie die Russen, und die willige Ergebenheit des
preußischen Hofes der abgünstigen öffentlichen Meinung zur Rechtfertigung
diente. Ueber die unglücklichen Neapolitaner freilich urtheilte die euro-
päische Welt fast noch härter; sie waren seit dem Tage von Rieti dem
Fluche der Lächerlichkeit verfallen. Ueberall erklang das Spottlied von der
„großen Retirade“, und mancher enttäuschte deutsche Liberale nannte seinen
Hund „Pepe“. Je freudiger man soeben noch die Freiheit dieses Volkes
begrüßt hatte, um so tiefer erschien jetzt sein Fall. „Wo soll ich meine
Schmach begraben?“ — so begann das neue neapolitanische Nationallied
Thomas Moore's, und den carbone notatis rief der Dichter zu: weit
edler die Stiefeln des Czaren zu küssen, als eure Ketten selbst zu be-
sudeln durch einen Kampf, wie diesen! So unheimlich hatte sich die Lage
der beiden großen Nationen Mitteleuropas gestaltet: der einen setzte das
Haus Oesterreich den Fuß auf den Nacken, die andere war mit diesem
Feinde ihrer Einheit durch ein unwahres und gleichwohl noch unlösbares
Bündniß verkettet und leistete ihm, mit Worten mindestens, gehorsamen
Beistand.
Durch Oesterreichs Erfolge waren die Westmächte entwaffnet, und
freudetrunken schrieb Gentz: Paris und London liegt uns zu Füßen! Wie
konnte Frankreich der siegbaren Hofburg entgegentreten, da König Ludwig
für seinen eigenen Thron zitterte? Unablässig ängsteten ihn die Ultras
durch unheimliche Gerüchte; diese verblendete Partei hatte soeben, um den
Monarchen zu schrecken, eine Pulver-Explosion in den Tuilerien ver-
anstaltet, sie war in Laibach durch einen geheimen Agenten Jouffroy ver-
treten, der dem Czaren einen neuen Brief von Bergasse überbrachte und
die Zustände des Mutterlandes der Revolution wieder einmal in den
dunkelsten Farben schilderte. Ein Zusammenwirken der beiden großen
constitutionellen Höfe stand vollends außer Frage, da die Tory-Regierung
den Franzosen schlechterdings keinen Uebergriff in die Mittelmeerlande
gestatten wollte. Als die Revolution in Piemont gebändigt war, konnte Lord