Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Oesterreichs Herrschaft in Italien. 185 
sich an wider die Weißröcke; in Palermo ward einmal ein Geheimbund 
entdeckt, der die gesammte österreichische Garnison zu vergiften bezweckte. 
Und dieser Haß fiel zurück auf die Deutschen außerhalb Oesterreichs; 
denn jeder Kroate, Raize oder Malache, der des Kaisers Rock trug, hieß 
den Wälschen ein Tedesco, und auch die anderen Nationen machten das 
deutsche Volk verantwortlich für die Sünden der Vormacht des Deutschen 
Bundes. In grimmigen Versen brandmarkte Casimir de la Vigne die 
Germanen, diese Sclaven von gestern und Tyrannen von heute, wie sie 
mit den elenden Besiegten zusammen unter dem Lorbeerstrauche Virgils sich 
betränken. Nur wenige Ausländer unterschieden so gerecht wie Lord Byron, 
der unbefangen schrieb: „ich liebe die Deutschen, nur nicht die Oester- 
reicher; die hasse und verabscheue ich.“ Die Meisten bemerkten mit stiller 
Schadenfreude, daß die Nation, deren Erstarken sie alle fürchteten, nun 
so übel berüchtigt wurde wie die Russen, und die willige Ergebenheit des 
preußischen Hofes der abgünstigen öffentlichen Meinung zur Rechtfertigung 
diente. Ueber die unglücklichen Neapolitaner freilich urtheilte die euro- 
päische Welt fast noch härter; sie waren seit dem Tage von Rieti dem 
Fluche der Lächerlichkeit verfallen. Ueberall erklang das Spottlied von der 
„großen Retirade“, und mancher enttäuschte deutsche Liberale nannte seinen 
Hund „Pepe“. Je freudiger man soeben noch die Freiheit dieses Volkes 
begrüßt hatte, um so tiefer erschien jetzt sein Fall. „Wo soll ich meine 
Schmach begraben?“ — so begann das neue neapolitanische Nationallied 
Thomas Moore's, und den carbone notatis rief der Dichter zu: weit 
edler die Stiefeln des Czaren zu küssen, als eure Ketten selbst zu be- 
sudeln durch einen Kampf, wie diesen! So unheimlich hatte sich die Lage 
der beiden großen Nationen Mitteleuropas gestaltet: der einen setzte das 
Haus Oesterreich den Fuß auf den Nacken, die andere war mit diesem 
Feinde ihrer Einheit durch ein unwahres und gleichwohl noch unlösbares 
Bündniß verkettet und leistete ihm, mit Worten mindestens, gehorsamen 
Beistand. 
Durch Oesterreichs Erfolge waren die Westmächte entwaffnet, und 
freudetrunken schrieb Gentz: Paris und London liegt uns zu Füßen! Wie 
konnte Frankreich der siegbaren Hofburg entgegentreten, da König Ludwig 
für seinen eigenen Thron zitterte? Unablässig ängsteten ihn die Ultras 
durch unheimliche Gerüchte; diese verblendete Partei hatte soeben, um den 
Monarchen zu schrecken, eine Pulver-Explosion in den Tuilerien ver- 
anstaltet, sie war in Laibach durch einen geheimen Agenten Jouffroy ver- 
treten, der dem Czaren einen neuen Brief von Bergasse überbrachte und 
die Zustände des Mutterlandes der Revolution wieder einmal in den 
dunkelsten Farben schilderte. Ein Zusammenwirken der beiden großen 
constitutionellen Höfe stand vollends außer Frage, da die Tory-Regierung 
den Franzosen schlechterdings keinen Uebergriff in die Mittelmeerlande 
gestatten wollte. Als die Revolution in Piemont gebändigt war, konnte Lord
	        
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