Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

260 III. 5. Die Großmächte und die Trias. 
die griechischen Freischaaren überall untersagt, und Thiersch durfte seine in 
der Allgemeinen Zeitung begonnene Fehde gegen Gentz nicht fortführen.) 
Aber dabei blieb es auch; die Geldsammlungen der Griechen nahmen 
ungestört ihren Fortgang, und in Preußen selbst drückten die Behörden 
ein Auge zu. So lange Alexander noch schwankte, vermied der Berliner 
Hof behutsam Alles, was die russische Freundschaft irgend gefährden konnte. 
Die Einladung nach Hannover schlug Bernstorff aus, damit die Zusammen- 
kunft nicht den Anschein einer gegen Rußland gerichteten europäischen Ver- 
schwörung gewänne, und trotz der Bitten Metternich's wollte der König 
die Friedensarbeit der Hofburg nicht durch eigenhändige Briefe an seinen 
kaiserlichen Freund unterstützen.) 
Erleichtert athmete man in Berlin auf, als die Kriegsgefahr im 
Osten sich verzog. Kaiser Franz aber vergaß jene geringfügigen Meinungs- 
verschiedenheiten gern, da ihm der König von Preußen im Sommer 1822 
einen nur allzu unzweideutigen Beweis seiner Anhänglichkeit gab. Der 
Gesandte General Krusemark war gestorben, ein Diplomat der alten 
Schule, der trotz seiner Verehrung für die Hofburg doch auch die Gebrechen 
des Kaiserstaates, die Zerrüttung des Haushalts und des Heerwesens, die 
unhaltbaren Zustände in der Lombardei immer mit ehrlichen Soldaten- 
augen unbefangen beobachtet hatte. Sofort ließ Metternich alle Minen 
springen, um einen Nachfolger nach seinem Herzen zu erlangen, und da 
die Partei Voß-Buch's eben jetzt im Aufsteigen war, so wurde der König 
in unglücklicher Stunde beredet, den Fürsten Hatzfeldt nach Wien zu senden. 
Mit den Worten: „wir brauchen einen so reinen Mann wie Sie“ empfing 
Metternich den alten Freund, und Kaiser Franz meinte befriedigt: „so 
immer fester verbunden werden wir den revolutionären Geist überall und 
vollständig besiegen.““““") Fürst Hatzfeldt hatte einst nach der Jenaer 
Schlacht als Gouverneur von Berlin eine kopflose Schwäche gezeigt, die 
dem Landesverrathe nahe kam und nur darum der verdienten Strafe 
entging, weil Napoleon sich drohend für ihn verwendete. Nachher gesellte 
er sich zu der kleinen Schaar der Franzosenfreunde, da ihm der napoleonische 
Despotismus immerhin erträglicher schien als die Umsturzgedanken Stein's 
und Hardenberg's. Noch im Februar 1813 beschwor er den Imperator 
in Paris, den preußischen Hof durch einige kleine Zugeständnisse zu be- 
schwichtigen, damit Deutschland vor der Geißel der Revolution bewahrt 
bliebe. Nach den Befreiungskriegen, die er nur mit gemischten Empfin- 
dungen betrachten konnte, sah er einen „Kampf auf Tod und Leben 
zwischen Aristokratie und Demokratie“ voraus; wie früher Napoleon so 
war ihm jetzt Oesterreich der Hort der Autorität. Er lebte und webte in der 
–— ——— — — 
  
*) Weisung an Krusemark, 29. Sept.; Zastrow's Bericht, 26. Okt. 1821. 
*“) Bernstorff an Krusemark, 25. Dec. 1821, 26. Jan. 1822. 
***) Hatzfeldt's Bericht, 6. Juli 1822.
	        
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