Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Eröffnung des Congresses von Verona. 271 
doch bei uns auch nicht.““) Doch versprach er, den Beschlüssen der beiden 
Großmächte sich unweigerlich zu fügen und dem Landtage fest entgegen- 
zutreten; heimgekehrt erlangte er leicht die Zustimmung seines Fürsten 
zu diesem neuen „Innsbrucker Systeme“.“) — 
Der Congreß, der am 20. Okt. endlich eröffnet wurde, erinnerte mit 
seinen rauschenden Festen wieder an die unvergeßlichen Wiener Zeiten. 
Kaiser Franz erschien umgeben von mehreren Erzherzögen, der König von 
Preußen mit den jungen Prinzen Wilhelm und Karl, auch Alexander 
Humboldt war als unermüdlicher Cicerone in seinem Gefolge. Aus 
Italien kam eine dichte Schaar von Kleinfürsten und Prinzen, unter 
ihnen Napoleon's fröhliche Wittwe mit ihrem Geliebten Neipperg. Eine 
wenig beneidenswerthe Rolle spielte in dieser legitimen Gesellschaft der 
geistreiche Kronprinz von Schweden; denn die Entthronung des Hauses 
Bernadotte ward an den meisten Höfen lebhaft gewünscht. Bei Kaiser 
Franz zumal standen die vertriebenen Wasas hoch in Gnaden; Metternich 
meinte schon: „der Charles Jean fängt an reif zu werden“", und Gentz 
ärgerte sich täglich über den Anblick „des fatalen Oskar“. Alle Fürsten 
wetteiferten in Glanz und Pracht, und der Allerchristlichste König, den die 
Gicht in den Tuilerien zurückhielt, ließ sich mindestens durch fünf Gesandte 
vertreten. Ein Gewimmel von vornehmen Fremden, Berichterstattern, Bitt- 
stellern, Abenteurern wogte täglich über die malerische Piazza d'Erbe, und 
wenn ein Wettrennen oder ein Feuerwerk in dem römischen Amphitheater 
veranstaltet wurde, dann trieb die k. k. Polizei das Landvolk aus der 
Nachbarschast herbei, weil die Bevölkerung des modernen Verona mitsammt 
ihren erlauchten Gästen nicht ausreichte, um den riesigen Rundbau zu 
füllen. Wohl war es nur menschlich, daß die vornehme Welt nach der 
Langeweile von Troppau und Laibach wieder einmal das Leben genießen 
wollte; aber neben den Standgerichten, die in Neapel noch ihr blutiges 
Handwerk trieben, neben dem Elend, das die Späher Metternich's über so 
viele edle lombardische Patrioten gebracht hatten, nahmen sich die Lustbar- 
keiten der Höfe häßlich aus, und Byron sprach wieder dem gesammten 
liberalen Europa aus der Seele, da er in seiner gewaltigen Satire „das 
bronzene Zeitalter“ die Italiener fragte, warum sie doch mit gebundenen 
Händen durch ihr Kerkergitter die Feste ihrer Zwingherren begafften. Den 
Czaren mahnte der Dichter heimzukehren um die Baschkiren zu waschen 
und zu scheren, statt Pläne zu schmieden wider die Freiheit der Spanier, und mit 
grausamem Spott schildert er die Dreiherrschaft der Monarchen des Ostens, 
Die ird'sche Trinität, Gott nachgeschaffen, 
So wie der Mensch sich wiederholt im Affen. 
  
*) Berstett an Großherzog Ludwig, 26. Jan. 1823. 
**) Berstett an den Großherzog, Innsbruck 7. Okt.; an Blittersdorff, 14., 27. No- 
vember 1822.
	        
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